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von Gertraud Filgis, Kat “Fun Too”. E-Mail: filgis@yahoo.de (Bericht wird fortgesetzt - Admin)
Unser Landfall mit “Fun Too” am 15. Dez. 2011 nach 20 ½ Tagen ist die frz. Karibikinsel Martinique, die größte und nördlichste Insel über dem Wind. Die Halbinsel Saint Anne bietet eine Ankerbucht für über 100 Yachten samt Ferienort. Abends geht der Blick gen Westen zur Felseninsel „Daimond Rock“, mit grandiosem Sonnenuntergang. In farbiger Glut rutscht die Sonne ins Meer, wie von Dali gemalt. Im Club Med hat gerade ein 5-Mast-Luxusliner festgemacht.
Tonnen zwischen den Riffen weisen den sicheren Weg nach Le Marin, tief im landesinneren, zum riesigen Naturhafen mit über 400 ankernden Yachten. Dieser Anblick ist unglaublich. So viele Ankerlieger haben wir noch nie erlebt. Die Hälfte von ihnen sind Katamarane und Fun Too mit 32 Fuß ist garantiert der kleinste von allen. Hier liegen Blauwassersegler wochen- oder monatelang, Charterboote, oder Luxusspielzeuge der Reichen. Sowie Yachten von bescheidenen Eigentümern. Viele Dingis werden mit AB gefahren, die doppelt so viele PS besitzen wie der von Fun Too (8 PS Yamaha). Und andere rudern sportlich, wie wir, denn wer rastet , der rostet.

Abendstimmung
Die Marina „Club de Sac du Marin“ ist Port of entry, besitzt 750 Plätze, dazu 70 Bojen. Das Serviceangebot umfasst Segelmacher, Werft, Schiffshändler, Charterbasen (90% Kats) usw. Marina, Ankerplätze und das Drumherum soll das größte Yachtzentrum der Karibik sein, Als Ekonomieeinnahme ist dieser Zweig für Martinique von großer Bedeutung. Es gibt 4 nahegelegene Supermärkte, wo man einkaufen und dann leben kann „wie Gott in Frankreich“, außer, wenn dort gestreikt wird. Dann werden hier die Regale leer, denn vom Camenbert bis Champagner wird alles vom „Mutterland“ importiert und mit Euro bezahlt, da zugehörig zur EU. Komisch, nach den sehr ärmlich-afrikanisch erlebten Cabverden segelt man ca. 4000 km über den Atlantik und hat hier wieder ein total europäisches Feeling. Dazu trägt auch das „Mango-Bay-Restaurant“ bei, wo es (meistens) kostenlosen WiFi-Empfang gibt. Dieses „Herz der Marina“ ist deshalb reger Treffpunkt von internat. Yachties. Es ist ein Eldorado rund um den Erdball: Russen,Polen, Skandinavier, Engländer. Brasilianer, Amerikaner, Canadier, Neuseeländer, Aussis, S-Afrikaner und 2 ewig lächelnde junge Japaner.

Die Crew
Wie heißt es so schön? Zum Bordalltag gehört, Reparaturen auszuführen an den schönsten Plätzen der Welt. Wie wahr! Auf FunToo werden von meinem leistungsorientiertem Mann als erstes alle Elkabel erneuert, ein zweites Vorstag montiert, ein neues Echolot eingebaut, die Wasserpumpe repariert, sowie 2 Batterien dazugekauft, für die schweißtreibend Platz geschaffen wird und das Sturmsegel erhält die ausgerissenen Haken ersetzt.
Apropo Sturmsegel: Der Passat, das angeblich sicherste Wettersystem der Erde, schlägt bei unserer Überfahrt unberechenbare Kapriolen zwischen 27 kn bis Flaute. Dazu kommen noch einige nordatlant. Tiefausläufer mit Variantenreichtum der Wellenhöhe. (3-5/6 m ?) Der Passat lebt ja von den tropischen Regengüssen, welche bei uns ab Tag 7 nach Verlassen der Capverden täglich, tags oder nachts, 1-2 Stunden eine Woche lang über das Meer fegen und dementsprechend für unruhig brodelnde See sorgen. Diese Wassermassen schieben die 3 t leichte, von Hand gesteuerte Fun Too bis zu 12 kn gefährlich schnell fußballfeldweit vorwärts, dass die Pinne kurz in Turbulenzen fibriert.
Vereinzelte Wellenriesen sind höher, brechen früh. Zusammenstürzende Seen hingegen saugen Fun Too die Geschwindigkeit vom Surf weg, so dass man unverhofft das Gleichgewicht verliert, sich verletzt und das Sturmsegel wird beschädigt. Wir haben keine andere Wahl, machen diszipliniert weiter, trotz teilweise oder totalem Stromausfalls. Wir sind in der Weite des Meeres der Machtlosigkeit ausgeliefert, der Natur und auch dem übermüdeten Miteinander. Wissend, jegliche Aussicht auf evtl. Rettung ist unwahrscheinlich, denn die Zivilisation ist weit und die Natur setzt Grenzen. Außerdem werden die Hautfetzen an den Allerwertesten immer größer vom jeweils 2 stündigem Sitzen an der Pinne rund um die Uhr. All diese Faktoren spielen zusammen, Und doch ist es ein ungemein kreatives Erlebnis und ich staune über unsere Belastbarkeit, die auch 2 Flautentage betreffen. Aber alles liegt nun Tage zurück.
Martinique, die Blumeninsel, voller blühender Sträucher, ist vulkan. Ursprungs wie Domin ika im Norden und St. Lucia im Süden. Wasser und Luft um die 30 Grad und täglichen Regenschauern. Über Land dampft die Luft und an Bord ist man für jedes Lüftchen dankbar.
Die sanften, bewaldeten Berge mit tropischem Regenwald strahlen Ruhe aus. Es kreisen Fischadler, stehen Graureiher wie eine Statue und schwinggewaltige Fregattvögel bieten ihre filigranen Flugkünste dar. Es schweben Weißkopfadler. Schwerfällig starten Pelikane, schrauben sich hoch in die Luft, klappen die Flügel zusammen wie einen Regenschirm und tauchen kopfüber ins Meer um Beute. Pünktlich zur kurzen Dämmerung kommt ein Schwarm weißer Ibisse zurück zu ihren Schlafbäumen am Mangrovenrand. Bei einsetzender Ebbe beginnt an dessen Strand eine Völkerwanderung von Krabben, Kleingetier und pickenden Vögeln. Und über Nacht hat es sich eine Ente auf unserer Badeplattform gemütlich gemacht. Sie steht noch Fotomodell, bevor sie ins Wasser plumpst. Eine rote Morgensonne spiegelt sich im ruhigen Meer.
Die Westindischen Inseln wurden von den Awaraksindianern schon vor 2.000 Jahren bewohnt, Indianerstämme, die von Südamerika kamen. Ab 1502 landeten Columbus und andere Europäer hier, im Gepäck der Eroberung: Kruzifix, Schwert, Kanonen und Krankheiten für die Inselwelt. Es gibt keine reinen Awaraks mehr. Die heutige Bevölkerung ist weiß-kreolisch gemischt und stammt größtenteils von den 70.000 freigelassenen afrikanischen Sklaven ab, welche einst für die Zuckerrohrplantagen hierher übers Meer verfrachtet wurden. Alle sind gut angezogen, einige elegant-gepflegt mit Pariser Chick. Gott hat viel Schnuckeliges aus Adams Rippe geschaffen, sexy und schwarz wie die Sünde!! Und manch groß gewachsener Schokofarbene lässt seine Muskeln unter dem T-Shirt spielen. Der Gang ist, wie auch schon auf dem Capverden, aufreizend langsam. Wir haben die Uhr, sie haben die Zeit. Amtssprache ist das Französiche, meist hört man aber Kreol. In Destillierfabriken wird aus Zuckerrohr Rum hergestellt, eine wichtige Arbeits- und Einnahmequelle für sie. Der frz. Staat sorgt für Kindergeld, Arbeitslosenunterstützung und kostenlose medizinische Versorgung. (Sehr zum Ärger und Neid mancher frz. Yachties!).
Es ankert ein gr. Yachttransporter-Dockwise und bringt u.a. Luxusmotoryachten im Wert von a 25-30 Mill US.Dollar nach Le Marin. Dann sammelt er Segel- und Motoryachten, um sie huckepack in andere Weltregionen zu befördern. Es geht nach Halifax hoch, rüber nach Oman und dann nach Europa rauf.
Abends im Cockpit sitzend, lassen wir die Tage in der schnell fortschreitenden Dämmerung ausklingen. An einigen im Passat schwojenden Yachten gehen nach und nach die Toplichter an, die im Finstern den Eindruck von hunderten von Glühwürmchen erwecken. Dazu ertönen nahe Klänge von Calypsomusik und das Trommeln der Steeldrums und die laue Nacht schwingt dann voller Rhythmuss .
Soeben findet eine Yole-Regatta statt. Die Traditionsboote warten vor dem Start wie ungeduldige Galopp-Pferde in den Startboxen. Sie sind flachgehend, kiellos, 12 m lang, mit bis zu 20 Mann Besatzung, welche an beweglichen, quer liegenden Balken oft außerhalb des Rumpfes in der Luft strampelnd hängen, um die hohen Spritsegel an Bambusstangen auszubalancieren und das bei z.Zt 20 kn Passat! .Jede Crew versucht, sich die beste Position zu ersegeln. Es ist eine spaßige, spannende Sache, sowohl für die Teilnehmer, als auch für uns 1.000 Zuschauer Wiedersehen mit einem 60 jähr. Sportsfreund mit Monoyacht, der mich in Mindelo-Capverde frägt:“Kommste mit, morgen mach ich rüber nach Martinique?“
Ich erwähne den angekündigten kommenden Nordatlantik-Ausläufer mit 5-6 Bft und 4-6 m Wellen aus N, den wir trotz Ausklarierung abwarten wollen. Außerdem geht Gerhard noch zur Kontrolle den Mast hoch. „Ach was, ich hab 400 l Diesel für 360,- Euro getankt, was soll da passieren?“ ‚Schon am 3. Tag passierte es. Sein Mast ging über Bord mit Großbaum, Rollfock, Genua. Alles futsch. Mit Spibaum als Notrigg kann er Barbados anliegen, wo er nach 31 Tagen geläutert ankam.
Nach einigen Wochen: Le Marin-Saint Anne ade. Wir lassen zurück nette Seglerfreunde aus England, Deutschland und Schweden. Sundowner mit Rumpunch in netter Gesellschaft gehören der Vergangenheit an.
Segelträume und Karibikklischees werden Realität beim Weitersegeln entlang der Westküste. Der GPS ist zum Laptop gekoppelt und so verfolgen wir Fun Toos Kurs über das Riff auf dem Datenschirm: Weißgelber Strand bei Anse Figuiers mit windschiefen Palmen und türkis blauem Wasser. In Saint Luca finden wir statt Uferpromenade einen Trimmdichpfad vor. Beim Weiterfahren gibt es viele fliegende Fische, ein Zeichen, dass Doraden da sind. An gutem Wind mangelt es nicht. Mit 5 Bft durchsegelt Fun Too die Passage zum „Diamond Rock“, ein 175 m hoher Felsen.. Dieser Felsen schrieb Geschichte als er zum „HMS“wurde im erbitterten Kampf der Vorherrschaft um dieses Seegebiet, als Engländer und Franzosen darum kämpften. General Horatio Nelson siegte und Napoleon war wütend auf seien General Villeneuve. Heute gehört alles zu Martinique-Frankreich.
Nach einem Felsenkap liegt Anse D`Arlet vor uns mit fotogenem Blick auf die pitureske Kirche samt bunten Kreol-Häusern: Gelbe Wand und lila Fensterstöcke oder oranges Haus und grünes Fenster.
Alles harmoniert irgendwie. Allmählich bringt die hohe Dünung Bewegung bei uns 15 Ankerliegern Die Sonne färbt den Himmel lachsrot und versinkt im zeitlupentempo im Meer. Kollektiv pendeln alle Masten die ganze Nacht hindurch. Home, svinging home.
Die Iroquois Fun Too, „klein aber mein“, ist unser sicheres, gemütliches Heim, Transportmittel, Bibliothek und Vorratslager zugleich. Mit gehissten Segeln und Destination voraus, liegt meist spannende Neugier in der Luft, auch wenn die Törns momentan kurz sind. Es ist z.Zt. ein Rentnerleben vom Feinsten. Die ruhigen Segeltage verlaufen ohne Hektik und die geschützten Ankertage sind ausgefüllt mit Schwimmen, Lesen, Faulenzen, Rumschrauben am Vergaser, Mittags-Schönheitsschlaf, Landgang und Versorgung. . Manchmal entpuppt sich ein Supermarkt als größerer Kiosk, wo wir die letzten 2 Tomaten und den Camenbert ergattern. Oder die Supermärkte „Casino“, „Hyper-U“ oder „Carrefour“ liegen 3-4 km (einfach) entfernt. Per Schusters Rappen und Rucksäcken ist auch das kein Problem. Das sind Gründe, ob wir 2 Tage oder 2 Wochen bleiben, dabei ohne Zugang zum Internet. So what?
Das Schöne an unserem derzeitigen einfachen Leben ist, wir können täglich baden. Über Elisabeth I wird z.B. berichtet: „die Königin nimmt einmal im Monat ein Bad, ob sie es braucht oder nicht.“
Eine Überraschung ist die Grand Anse D`Arlet, welche super Schutz gibt für derzeit 100 Yachten, davon ca 50 % Kats, sowie einige Schildkröten. Eine taucht beim Schwimmen auf Gegenkurs 3 m vor mir auf, um Luft zu holen. Wer von uns beiden wohl mehr überrascht war?
In den kl. geschützten Buchten Dufor und Noire liegen Segler über Nacht. Wir staunen, dass es hier von geschützten, paradiesischen, kostenlosen Ankerplätzen nur so wimmelt!!
In Anse l`Ane ist es sehr nett, nur das stündliche Erscheinen der Fähre bringt viel Schwell und Irritation mit.
Weiter. In den weißen Schaumkronen in ruppiger See plagen sich Kleinfischer in ihren Kähnen, um ihre Reusenkörbe aus 40 m Tiefe per Hand hochzuziehen, obwohl der Passat konstant mit 20 kn weht.
Am Point du Bout, einer Halbinsel, ankern ca 60 Yachten. Die Gegend erinnert an die französische Riviera. Hier, in der Anse Mitan, hat ein Sturm ganze Arbeit geleistet und die Anlage der kl. Marina du Bakoua zerstört. Das Touristen-Mitan besteht aus einem Gewirr von Restaurants und Shops. Bäcker und kl Supermarkt vorhanden. Um die Ecke, vorbei an der Ferry-Boutmarina , liegt Les Trois Islets, der Geburtsort von Josephine de Beauharnais. Mit 16 J. kommt sie nach Paris und wird Jahre später die 1. Ehefrau Napoleons, der sie zur Kaiserin der Franzosen krönt.
Die Anse Fort de France ist ein Teich großen Ausmaßes. Bojen mit div. Farben und Blinkeinheiten weisen den Weg u.a. hinter zur kl Marina „Neptun“ mit guter Trinkwasserqualität. Von dort führt eine Teerstraße zum Ind.Gebiet La Lamentin (Yamahavertretung), mitten durch das Mangrovengebiet mit zusammengeflochtenen Wurzeln in der Luft und unter Wasser, dessen Salzgehalt in wenigen Stunden andere Gewächse töten würde. Der nahe Flughafen verbindet die Insel mit dem Rest der Welt. Die nebenan liegende Marina Coen ist ein hurrikansicheres Schlupfloch.
Vollmond, doch davon sieht man nichts. 3 Tage schon ist die Gegend eingehüllt von konturlosen Wolken mit stillem Dauerregen. Dabei regnet es sowieso täglich kürzere Zeit während der jetzigen Trockenperiode des Jahres. Es ist ein Vorgeschmack auf die spätere Regensaison. Na servus!
Wieder Sonnenschein. In nullkommanix fegt der starke Passat Fun Too im Düseneffekt die 4 sm runter nach Fort de France zum Kap Salomon, wo die Trikolore auf der Festung Fort Saint Louis aus dem 17. Jh knattert. Der Ankerplatz direkt darunter ist dem Schwell der Fähren ausgesetzt. Gepflegter Holzlandgang für Dingis zum Strand La Francaisse und Park Savanna entlang der Wasserfront. Alles ideal nahe zum Einkaufen.
Internet: offiziell gehen alle Yachties mit ihren Laptops zu McDonalds. Geheimtip: neben der Post das Hotel Imperatrice.
Auf seiner 4. Reise ankerte Columbus 1502 auch hier.
Die Hauptstadt Fort de France ist voller Leben und Verkehr. Sie ist ein Mix aus modernen Hochhäusern, alte Kolonialhäuser, so wie aus kreolischen, bunten Holzvillen mit bemerkenswerten Balkonen. Die 100.000 Einwohner sind ein Gemisch aus Schwarzen, Weißen, Indianern und Asiaten und alle tragen sie bei mit Aussehen und Kultur zum karibisch-kreolischen livestile. Es dominiert die Kathedrale Saint Louis, so wie die Bibliothek Schoelcher mit außergewöhnlicher Architektur aus überwiegend Eisen und Glas. Dieses Gebäude stand in Paris, wurde dort abgebaut und kam per Schiff 1889 hierher. Wirklich sehenswert!
Besuch in der Markthalle: Es gibt aufgestapelte Kisten mit bunten Vitaminträgern in allen Stadien von Frische bis Verwesung. Mit Sachkenntnis suchen und drücken Kunden prüfend daran herum. Die prachtvollen Farben werden schließlich gekauft und gespritzte Chemie siegt oft über Natur. Auf Tischen liegen zwischen Eisbrocken Fische mit offenen Augen und Mündern, vom Leben zum Tod erstarrt. Dicke Riesenscheiben , dunkelrot und fest, werden vom Thunfischleib geschnitten. Daneben Körbe voll getrockneter Hülsenfrüchte. Dazu Marmeladengläser, Saftflaschen und Alkoholika Mix. Gemahlene Gewürze sind zu Pyramiden aufgehäuft, das Aroma der Zimtstangen dominiert. Früchte in allen Farben und Größen, bekannte und exotisch unbekannte. „Die Kokosnuß heute zum Sonderpreis, kauft Leute kauft!“. Grüne Trink-Kokosnüsse werden mit einer langen Machete geköpft, jeder Hieb unbekümmert haarscharf am haltenden Daumen vorbei, als ob es welche in Reserve gäbe. In einer Art Mangelvorrichtung werden Zuckerrohr-Stengel geschoben und wir erhalten einen Becher Suggarcane Saft. Die Karibik schmeckt gut.
Im Kulturzentrum werden 2 Stunden lang musikunterlegte, vom Ballett traditionelle Tänze dargeboten mit prächtigen Kostümen. Z:B::Schokoladenbraune Paare im rot-weiß-goldenen Rokoko-Rüschenballkleid, sowie weißem Anzug samt Kreissäge a la Chevallier, mit weißen Blendamed-Lächeln und blitzenden schwarzen Augen tanzen Menuett. Köstlich. Oder Negersklaven mit Hacken werden per Trommeltakt zum Arbeitsrhythmus angehalten wie einst die Galeerenruderer. Oder ein Sklave träumt von Afrika und eine Klarinette schluchzt dazu. Es ist gefühlvoll vorgeführte Heimatkunde!
Am großen Kreuzfahrerpier findet heute Platzwechsel statt. Die „Aida“ läuft aus und die „Costa“ legt an.
Mittlerweile beginnt der viertägige Karneval. Dass jeder Einwohner irgendwie bunte glitzernde Fantasiekleidung trägt, ist Ehrensache. Höhepunkt ist der lange Umzug. Der Ideenreichtum von Darstellern und die Kostüme der Mitwirkenden, besonders der Transvestiten, verdienen und bekommen viel Beifall. Trotzdem flüchten wir nach 1 ½ Stunden vom unglaublich nervtötenden ‚Getute der Jugendlichen, dem ewigen Getrommle und den Lautsprechern mit 120 Decibel, der sich von Gruppe zu Gruppe überbietet, dass die Luft und das Trommelfell erzittern und das Herz rast. Das müssen wir uns nicht antun. Segel, hoch und weg.
3sm später fällt der Anker in vollkommener Ruhe vor dem Ort Schoelcher. Victor Schoelcher ist der Namenspatron. Dieser Advokat setzte mit Nachdruck das Gesetz im April 1848 zur Abschaffung der Sklaverei durch. Dieser Ankerplatz, Anse Madam, war früher wichtiger Ankerplatz für die Handels-Schifffahrt, wo 2 mündende Flüsse frisches Trinkwasser garantierten.
Zurück in Fort de France. Segelfreund Stefan sagte mal. Ein Ankerplatz sei das reinste Ankerkino. Stimmt. Es ankern hier nervöse Charterer, eingespielte Ehecrews, zufriedene Rentnerpaare, Einhandsegler und Standboys zwischen jungem Gemüse, solche mit ablaufender biologischer Uhr oder „mitgegangen-mitgefangenen „ Gesichtern, die bald heim fliegen dürfen.
Heute steht das Ankermanöver unter dem Motto „immer mal was Neues“. Wir haben einen neuen Nachbarn bekommen. Es läuft neben Fun Too ein der kl Kat „Micromegas 5“, Modell Schneewittchensärge, ca 5 m lang und 400 kg leicht. Dagegen nimmt Fun Too sich aus wie ein Riesendampfer. Die eineiigen Zwillingssbrüder sind sympatische 60 jährige Kerle aus der Bretagne, handfest von echtem Schrot und manchem Korn, segelten das Gefährt „dur action“ (harte Tat), wie sie uns erzählen, in 31 Tagen über den Atlantik. Als Navigation hatten sie ausschließlich Kompass und Sterne zur Verfügung. Mit einer Abweichung von nur 18 sm kamen sie auf einer vorgelagerten Insel von ihrem Ziel Guadeloup gut an. Ihrer Prestation wegen sind sie sofort Mittelpunkt des Respekts vom Segelkino Fort de France, bevor sie ins Hotel verschwinden.
Alle reden vom Wetter, welches heuer total aus dem Rahmen fällt. Es soll normalerweise jetzt trockener und mit moderaten Winden sein. Z,Zt warten wir mit 30-40 Yachten, bis ein umfangreiches Frontensystem vorbeigezogen ist. Es soll 7 Tage dauern und von Miami bis Venezuela reichen, zunächst mit Windstärken von 25-30 kn über den kl Antillen, in Trinidad unten werden es 40 kn werden. Reichlich Dauerregen brachte auch Gutes mit. In Behältern aufgefangen, wird die Gelegenheit von einigen Yachties wahrgenommen zum Waschen. In der wieder scheinenden Sonne flattern an vielen Relingen bunte Wäschestücke im Wind wie an tibetanischen Gebetsmühlen.
Trödelfahrt mit 3,5 kn am Ufer entlang nach Saint Pierre. Der Ort ist benannt nach einem verwegenen Korsaren. Der Steg mit Leitern erleichtert den Landgang. Die Häuser wirken ärmlich, eintönig, ohne den gewohnten bunten Karibikcharm. Dabei war Saint Pierre, das „ kleine Paris“ der Karibik, mal die Hauptstadt von Martinique. In dieser Gegend gab es die größten Zuckerplantagen, wohnten die reichsten Weißen. Dann fing Anfang Mai 1902 der Vulkan Pelee zu rauchen an und die Menschen wollten fliehen, was der Bürgermeister aber verbot. Denn es standen Wahlen an und wenn die Weißen fort waren, bekämen die Schwarzen, welche seit 54 Jahren keine Sklaven mehr waren, die Stimmenmehrheit. Das ging ja nun gar nicht! Am 8. Mai fielen deshalb der gewaltigen Eruption des Mount Pelee fast 30.000 hier wohnende Menschen zum Opfer. Sie erstickten an Sauerstoffmangel in der Gaswolke oder verbrannten. Nur 2 Menschen überlebten das Desaster: ein Feldarbeiter in einem Steinkeller. Der andere, ein Mörder in der kellerartigen Gefängniszelle, welche heute Museum ist. 12 ankernde Schiffe auf Reede, fielen ebenfalls dem glühenden, herab fallenden Steinregen zum Opfer.
Der Mount Pelee ist heute 1397 m hoch und an seinem erstarrten Lavafluss wächst alles wieder sehr fruchtbar. Nur die Hauptstadt, sie heißt heute Fort de France.
Die Insel ist hier fast zu Ende. Das Ankern bei NW“ Wind sehr ungemütlich. Segeln wir nach Norden oder nach Süden? Na, schaun ma amal!