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Vom Guggi zum Meer / Ein Hauch von Fahrtensegeln beim SCRR
von Erwin Drexler e.s.drexler@t-online.de
Seit vielen Jahren treibt es immer wieder erfahrene Skipper des SCRR mit ihren Crews hinaus auf die umliegenden Meere. Neben dem Mittelmeer, Ost- und Nordsee haben auch einige schon im Atlantik ihre Skipperfähigkeiten getestet.
Vor drei Jahren jedoch wurde durch "one way törns" oder auch Kettentörns genannt, eine neue Dimension des Segelns aufgetan und so Törns mit einer Dauer von drei bis 8 Wochen möglich, mit Reichweiten von 500 sm bis 1600 sm.
Bei den ersten beiden Kettentörns wurde die Adria "erforscht", ausgehend von Vrsar in Istrien nach Dubrovnik bzw. Bari.
Letztes Jahr jedoch gebar im Verein die Idee den legendären Barawitzkatörn (benannt nach dem gleichnamigen Buch) nachzuahmen und von Istrien nach Malta und zurück zu segeln.
Vier Skipper aus dem Verein konnten für dieses Abenteuer begeistert werden und versammelten jeweils ihre Crews um sich.
Die einem Vereinsmitglied gehörende "Speranza", eine Bavaria 36-2 wurde ab Ende März
2009 für 8 Wochen gechartert. Das relativ kleine Schiff für diese große Reise, wurde vom Eigner entsprechend aufgerüstet, so daß es auch für die erforderlichen Nachtfahrten gut geeignet war.
In nur zwei Skippertreffen bei denen natürlich auch unser Vereinsvorstand nicht fehlte, wurde die ganze erforderliche Organisation abgewickelt.
Ein kleines Vorauskommando brachte das Gepäck der ersten Crew an Bord, aber auch die allgemeine Sonderausrüstung, wie Taucheranzug (der bei der Fahrt noch sehr wichtig werden sollte) und die englischen Seekarten, Hafenhandbücher.... .
Kurz darauf flog Peter Schünemann als erster Skipper mit Rolf, Franz-Josef und Franz nach Kroatien und startete ende März von Vrsar (Istrien) nach Bari (Süditalien). Peter und seine Crew segelten die kroatische Küste entlang nach Süden neben schönen Ankerbuchten und architektonische Highlights wie das wunderschöne Korcula, wählten sie sich Dubrovnik als kulturellen Höhepunkt ihrer Reise aus und wer Dubrovnik kennt kann dies sicherlich nachvollziehen.
Jetzt war der Zeitpunkt gekommen das erste Land der vier Länder dieser Reise zu verlassen und auszuklarieren, was reibungslos klappte, ebenso wie das Einklarieren nach der Adriaüberquerung in Bari. Eine Nachtfahrt bei Kälte, wenig Wind und teilweise dichtem Nebel forderte die Crew ganz ordentlich, hier kamen die Schiffsheitzung und das Radar der Speranza zum Einsatz, aber auch eine Delphinschule, die das Schiff stundenlang begleitete und so den Hobbyfotographen beste Motive lieferten. Die erste Etappe endete nach 380 sm mit einer ausführlichen Besichtigung der schönen Altstadt von Bari.
Tobias Ott als Skipper übernahm mit Willi, Helmuth und Franz-Josef (der an Bord geblieben war und 2 Etappen mitsegelte!) das Schiff und brach nach Malta auf.
Ein Törn, der über Brindisi, Crotone nach Riposto führte, raus aus der Adria hinein ins Ionische Meer, entlang an der Schuhsohle Italiens, einem seglerisch nahezu unerschlossenem Revier, bis zum Fuße des Ätna. Die Crew mietete sich ein Auto und wurde von der wunderschönen Stadt Taormina mit schönstem Wetter begrüßt.
Weiter ging es nach Siracusa, hier mußte eine längere Zwangspause eingelegt werden um durch einen Taucher die Mooringholeleine aus der Schraube entfernen zu lassen. Wegen des zur gleichen Zeit in Siracusa stattfindenden G8-Gipfels, waren jedoch alle Taucher ausgebucht!!!
Doch es gibt wirklich schlimmeres als in Siracusa, einer der schönsten und geschichtsträchtigsten Städte Siziliens einen Wartetag einzulegen. So war ja auch die Grundidee dieses Törns, nicht Orte abzuhaken sondern Land und Leute kennen zu lernen,
nicht von einem Superyachthafen zum Anderen zu fahren, sondern sich alleine auf weiter See
in einem nahezu unerschlossenen Revier zurechtzufinden.
Nun stand der Schlag nach Malta bevor, das Verlassen des Ionischen Meeres, hinein ins südliche Mittelmeer, Aus- und Einklarieren, neue Gastlandflagge setzen und sich über Funk rechtzeitig anzumelden, um nicht von der Marine aufgebracht zu werden.
Man befindet sich ja bereits südlich von Nordafrika, in einem Gebiet mit großer Flüchtlingsproblematik.
Die Crew, die sich auch mit starken Gewittern rumschlagen mußte und ca.. 430 sm zurücklegte, wurde durch einen sehr schönen Aufenthalt in Malta entschädigt.
Am Flughafen dann eine zufällige Begegnung der Wechselmannschaften mit der Gelegenheit zu einem kurzen Erfahrungsaustausch. Eine Batterie gab ihren Geist auf, ebenso wie der Autopilot, den Tobias aufgrund seiner sehr guten Englischkenntnisse wieder reparieren lassen konnte.

Hannes will hoch hinaus.
Erwin Drexler mit seinem Coskipper Hannes Mach (unserem Vereinsvorstand!), Helmut und Josef übernahmen das Schiff und mit ihnen kam auch beständiger Sonnenschein und Tag und Nacht wehender Wind ins Revier. Ein ordentlicher Jugo sorgte erstmal für zwei Tage Aufenthalt auf Malta. Für eine umfassende Besichtigung von Valletta war nun Zeit.
Bereits am Montag kam so was wie Fahrtenseglergefühl auf, wie unsere netten englischen Nachbarn führten auch wir kleine Reparaturen an unserem Schiff aus. So borgte uns Jonn – der 74 Jahre alt ist und aussieht wie maximal 60, er ist bereits den vierten Winter auf Malta –neben seinem Akkuschrauber auch Teakholz aus. So dass unser Tausendsasser Josef die kaputtgeglaubte vierte Batterie mit einer Dämmplatte gegen das Kühlschrankaggregat isolieren und neu verankern konnte.

Nachtfahrt von Riposto nach Crotone
Dann ging es mit bestem Westwind und 6 Meter Welle in Rekordzeit nach Südsizilien, Siracusa genossen wir, für den Ätna war leider keine Zeit. Die erste Nachtfahrt von Riposto nach Crotone erlebten wir bei herrlichem Wind. In Crotone legten wir die zweite längere Pause ein, genossen Hafen und Stadt, lernten Menschen kennen und Hannes bruzzelte uns ein köstliches 5-Gänge-Menu aus einheimischen Delikatessen.
Unser täglicher Versuch mittels Schleppangel Fische zu fangen, blieb leider gänzlich erfolglos. Die zweite Nachtfahrt führte uns auf eine kleine Insel in der Nähe von Korfu und am nächsten Tag ging es nach Korfu selbst. Erstaunlich nah segelten wir an albanischen Hoheitsgewässern entlang. Für Korfu hatten wir noch zwei Tage Zeit, die wir gänzlich genossen nur das Einklarieren erwies sich als etwas Mühsam- wir wurden aber durch den schönen kleinen Hafen mit Burgblick dafür entschädigt und durch die Besichtigung der wunderschönen Altstadt.

SY “Speranza” in Malta
420 sm hatten wir hinter uns und überließen die Speranza mit ausführlichen Tipps der nächsten Crew mit Skipper Volker Kirsch, Uli. Wolfgang und Mac.
Diese Crew brachte mit 540 sm nicht nur den längsten Schlag hinter sich, auch stellte sie mit 8,86 Knoten den absoluten Geschwindigkeitsrekord auf, auch ein großes Treibnetz in der Schraube konnte sie nicht aus der Ruhe bringen. Sie nutzten einfach die an Bord befindliche Taucherausrüstung und befreiten sich von dem Unrat, nachdem sie die halbe Nacht nur rumgedümpelt sind.
Viele Delphinbegegnungen versüßten ihnen - neben anderen Annehmlichkeiten- ihr Matrosenleben.
Letztendlich hat allen Beteiligten diese doch etwas außergewöhnliche, mit vielen Erlebnissen und Erfahrungen bestückte Segelreise gefallen, was sich in den Vorträgen am Fahrtenseglerabend im Herbst letzten Jahres wiederspiegelte.
Ausschlaggebend für den Erfolg des Kettentörns waren erfahrene Skipper mit ebenso erfahrenen Crews, ein bestens für Langfahrten ausgerüstetes Schiff, eine optimale Vorbereitung und natürlich auch das Quäntchen Glück, das man im Leben immer braucht.
Nachdem es so schön war ist für das Frühjahr 2011 ein " Romtörn" geplant, Start in Istrien, Ziel Rom und dann zurück nach Trogir in Dalmatien. Dauer der Reise 10 Wochen, Stecke ca. 2000 sm, benötigt werden insgesamt 6 erfahrene Skipper mit Crews.
Mast und Schotbruch und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel
Erwin Drexler