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Grundsätzliches zu Elektrik auf Yachten

21. Februar 2013
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Von Andrea und Andreas, SY. “Akka”, sy-akka@gmx.de

 

An "Schiffsausrüster und Blauwassersegler in Planung".
Hier ein Überblick, wie wir das vor inzwischen 8 Jahren mit der Energieversorgung für die große Reise gemacht haben. Zwar hatte der Skipper vor 50 Jahren mal eine elektrische Modellbahn, aber bis zur AKKA, unserem ersten Schiff, mit dem Thema wenig zu tun. Also hat er sich in der Ausrüstungsphase eifrigst allerlei angelesen, oft auch Fachleute befragt und es dann doch anders gemacht. Trotzdem sind wir in Summe zu einer funktionierenden Lösung gekommen, die sich über die Jahre bewährt hat. Letztlich würden wir es genau so wieder machen, können aber nicht ausschließen, dass es im Detail bessere Lösungen gibt, die wir Amateure nicht erkannt haben.

Schiff und Revier

  • HR42' Ketsch mit zwei Personencrew seit 2007 ab Hamburg langsam auf der Barfußroute unterwegs, derzeit Bay of Islands, Neuseeland.

Energielieferanten

  • Unser 86PS Diesel hat einen 120A Generator bekommen, das war der größte den wir anbauidentisch zur originalen 60A Lichtmaschine fanden. Eigentlich träumte der Skipper von Marine-Spezial mit mindestens 160A, aber das hätte erheblichen Geld- und Anbauaufwand zur Folge gehabt. Es ist also bei einer Auto-LiMa von CARGO geblieben, einer Firma, die in guter Qualität preiswerte Nachbauten bekannter Marken fertigt. Inzwischen über 2.000 Motorstunden später ... keinerlei Klagen. Der integrierte Regler blieb erhalten, aber zusätzlich installierten wir einen Sterling Hochleistungsregler HLR, einstellbar auf verschiedene Ladeprogramme und mit Wärmefühlern für LiMa und Batterie. Nach Bedarf kann man zwischen Normalregler und HLR-Höchstladung per einfachem Kippschalter wählen. Anfangs gehen bei 1.100 Motorumdrehungen mit HLR bis 90A in die Batterien. Das ist für die LiMa eine ziemliche Belastung, ist sie doch als Pkw-Generator nicht für Dauerlauf mit max. Last gedacht. Das Doppel-V-Riemenrad ist klein gewählt, um schon bei wenig Motordrehzahl auf gute Ladedrehzahl beim Generator zu kommen. - Die Erfahrung zeigt aber, dass der Motorbetrieb allein zu Ladezwecken äusserst selten erforderlich ist, alle paar Monate mal. Folglich reicht wohl auch eine kleinere LiMa, 90A wäre was gängiges und sinnvoller als die oben erwähnte "Marine-Spezial".

  • Eine zweite LiMa 50A mit serienmäßigem Regler versorgt Starter- und zwei Bugbatterien für Ankerwinde und Bugstrahlruder. Die zusätzliche LiMa ist auch eine sinnvolle Reserve, falls die große LiMa einmal ausfällt. -  Zu meiner Frage, ob ich die zwei an der Hauptmaschine installierten Lichtmaschinen problemlos zusammen schalten kann, um mal die Verbraucherbank schneller zu laden, habe ich damals auf "Messefachgesprächen" nur absolut widersprüchliche Aussagen erhalten und es bis heute nicht ausprobiert.

  • Drei Solarpaneele mit insgesamt 350WP und einem Votronic Duo 420 MPP Regler. Zwei Paneele a 100WP sind beidseitig am Relingsdraht aufgehängt und mit zwei Stützen verstellbarer Länge nach aussen knapp waagerecht (so hält ablaufendes Wasser das Paneel sauber) aufgestellt. NEIN, das ist nicht zu wackelig, und so bleiben sie auch auf See unverändert positioniert. Die Verstellmöglichkeit, obwohl einfach zu bedienen, nutzen wir nicht, um den Winkel zur Sonne zu optimieren ... da hätten wir ja täglich viel zu tun. Ein drittes Paneel mit 150A ist auf einem nachgerüsteten Heckträger knapp hinter Besan und über der Windsteueranlage (keine Probleme) positioniert. Auch dieses Paneel lassen wir trotz Verstellmechanik immer unverändert  nach oben gucken. .- In Summe beträgt die Energieeinspeisung bis über 20A, aber da endet unser Solar-Anzeigebereich. - Der Votronic MPP-Regler bietet verschiedene Ladeprogramme passend zu den gewählten Batterien und ist bei uns für die "intelligente" Batteriepflege zuständig. Zusätzlich hält ein Nebenabgang des Reglers die Starterbatterie max. geladen, und die Bugbatterien lassen sich nach Bedarf dazuschalten. - Auch bei Bedeckung liefern die Paneele gut Ampere ... prima, aber wohlgemerkt auf der Barfussroute, auf der Ostsee mag das an trüben Tagen anders sein.

  • Windgenerator Superwind ist ein empfehlenswertes Extra. Unsere Faustregel zum Energieeintrag ist:  Windstärke in Knoten minus 10 gleich Ampere. Also muß es über 10 kn wehen, ehe sich messbar etwas tut. 15kn am Ankerplatz mal 24Std ergibt 120Ah ... das ist doch ganz schön und eine gute Ergänzung zu Solar. Je weniger Letztere bringen, weil Sturm und Regenwolken, umso mehr kann unser "Supi" zeigen was er drauf hat. Der zugehörige LVM-Regler ist "doof", kann er doch nur zwischen Batterieladen und ableiten auf Lastwiderstände, wenn eingestellte Spannung erreicht ist, hin und her schalten. - Die Umschaltspannung lässt sich zwischen 12 und 17 Volt einstellen und ist so dem Batterietyp anzupassen. Bei "Batterie voll" und anhaltendem Wind schalten wir per Drehschalter nachts auf Kurzschluss und damit Stopp, weil das Ladegerät beim Ableiten auf die Lastwiderstände leise brummt und das ausgerechnet unter unserer Koje. Ansonsten kann man das System allein und immer in Betrieb lassen.

  • Sterling 40A Landstrom-Ladegerät haben wir seit Verlassen der Elbe 2007 nicht mehr benutzt, weil die zuvor genannten Quellen alles liefern, was wir brauchen. Selbst jetzt im Boatyard an Land haben wir ohne Fremdstrom volle Batterien. - Die Ladergröße wurde gemessen an der 720Ah Bank klein gewählt weil billiger, und weil wir keine Notwendigkeit sahen, das Laden kürzest möglich zu erledigen. Klein und noch kleiner ist nach unserer Erfahrung OK ... obwohl die Fachverkäufer damals entsetzt waren.

Energiespeicher

  • Verbraucherbank hat 720Ah, 6x 120Ah gegenläufig parallel verdrahtet, um für alle Batterien "elektrisch" gleiche Kabellängen zu erhalten. 6 Einzelbatterien sind nach Fachmeinung nicht ideal, aber so stopften wir die größte Speicherkapazität in die vorhandene Box. Große Kapazität erschien uns wichtig für lange Lebensdauer dank prozentual geringer Entladetiefe, und große Bänke haben ein besseres Ladeverhalten ... alles angelesen und hoffentlich richtig verstanden. 2006 wurden gerade AGM oft diskutiert und schienen die neuen Superbatterien zu sein. Also Effekta AGM für damals nur 1,00 Euro pro Ah gekauft. Eine Billigstbatterie, aber sie hat uns 6 Jahre bestens gedient, bis die erste Batterie durch inneren Kurzschluss schlapp machte (fühlbar erwärmt) und die Spannung runterzog. Jetzt waren die 6 Batterien von Vorteil, blieben uns doch 5 unverändert leistungsfähige erhalten. Ende der Saison tauschten wir aber in Neuseeland alle aus, um wieder für einige Jahre an der Stelle Ruhe zu haben. Erneut AGM billigst aus China bei AA-Solar gekauft.. - Von der Verbraucherbank nutzen wir durchschnittlich 10 und selten 20%, gehen also kaum einmal unter 600Ah Restkapazität. Soll gut sein für langes Batterieleben ...  Austausch ist Arbeit und soll bei uns möglichst selten vorkommen. Mit Einsatz von AGM haben wir die lästige Säurekontrolle offener Batterien aus dem Serviceprogramm gestrichen, exakte Einstellung der Ladeprogramme ist allerdings Voraussetzung für diese Bequemlichkeit.

  • Starterbatterie ist seit 2006 eine Exide Maxxima 900 Spiralbatterie, mit nur 50Ah deutlich kleiner doch mit bis CCA750 viel leistungsstärker als die vorher installierte 120Ah Nassbatterie. Starter- und Verbraucherbatterie lassen sich notfalls über einen zusätzlichen Hauptschalter zwecks "Starthilfe" zusammenschließen.

  • Bugbatterien für 12V-1.2kW Ankerwinde und 24V-6,2kW Bugstrahlruder. Hier waren vom Voreigner zwei Klötze von je 140Ah Nassbatterien installiert. Wir wagten 2x nur 50Ah Spiralbatterien Exide Maxxima 900 DC ... das funktioniert nie, sagten Elektrik-Spezialisten!! Nach inzwischen 7 Jahren unterwegs ist im Betrieb noch kein Nachlassen festzustellen und auch mehrere Ankermanöver in Folge, bis er endlich sitzt, sind kein Problem. Ergänzend sei gesagt, dass bei Nutzung der Bugbatterien üblicherweise der Motor mitläuft, und so die 50A Lima über ein 50# Kabel zulädt. - Jetzt nach 7 Jahren denken wir daran, die Bugbatterien sicherheitshalber auszutauschen, denn sie müssten bald an ihrem statistischen Lebensende angelangt sein. Besser hier in Neuseeland als auf der Palmeninsel Lummerland.
    Da wir am Bug 2 Verbraucher unterschiedlicher Spannung haben, müssen dort 2 Batterien installiert sein, um per Relaissteuerung wahlweise 24V (Reihenschaltung)  oder 12V (Parallelschaltung) abrufen zu können. Geladen wird mit 12V.

  • unseren Tagesverbrauch, den man nach allen Lehrbüchern immer erst mal ermitteln soll, haben wir nie festgestellt. Während wir entnehmen laden Wind und Solar immer dazu ... wollten eigentlich mal an typischen Tagen die Zuladung abschalten, sind aber in den letzten 7 Jahren noch nicht dazu gekommen   ;-))   Vielleicht 100Wp Solar zusätzlich und wir bräuchten gar nicht mehr sicherheitshalber vorm Wassermachen (oder manchmal auch warm machen über Inverter und 750W Boiler) auf den Batteriecontroller zu schauen, sondern könnten gemäß unserer Bedürfnisse fast hemmungslos verbrauchen, ohne der Batteriebank jemals mehr als 20% zu entnehmen.

Elektroinstallation

  • alle wichtigen Kabel mit Querschnitten "eine Nummer dicker" als errechnet verlegt, um Spannungsverluste im 1/10 Bereich zu reduzieren ... was das bringt, wissen wir nicht, dachte aber, kann nicht schaden! Z.B. 95# zwischen 120A Lima und Verbraucherbank.

  • Batterieüberwachung mit Philippi BCM zeigt Ah, V und + oder - A für die Verbraucherbank und V1 für Starter- sowie V2 für Bugbatterien.

Verbraucher

  • 130l Kühlbox mit Kälteakku und Wärmetauscher im Seewasser (Auslass der Pantryspüle) von Isotherm, super zufrieden, allerdings die Box auch neu und aufwändig isoliert mit nach Maß gefertigten 2cm Vakuumdämmplatten, die herkömmlicher 16cm geschlossenporiger Schaumisolierung entsprechen sollen.... und sicherheitshalber noch etwas Schaumplatte dazu. - Der eigentlich für Seewasser gedachte Wärmetauscher funktioniert auch an Land ohne Nachlassen der Kühlleistung. Sicher wird dabei der Kompressor häufiger anspringen, aber der Ah-Verbrauch nimmt nicht nennenswert zu.

  • Wassermacher, im Schnitt alle 4 Tage für 2 Stunden gleich 100l Trink- und Duschwasser. Es ist ein 12V Echotec 260, soll Dank Verzicht auf Energierückgewinnung besonders betriebssicher sein, zieht dafür jedoch mächtige 38A. Macht man aber Wasser bei Sonne und/oder Wind fällt die Verbraucherbank nach 2 Stunden nur von ganz voll 720Ah auf vielleicht 675Ah ziemlich voll. Also bei großer Bank nicht so gravierend.

  • Inverter groß 2.000/1.200W mit reiner Sinuskurve und als Billiggeräte mit Rechteck-Sinusersatz klein 500W und ganz klein 350W und super klein 100W ... haben sich im Lauf der Jahre so angesammelt und nutzen wir auch bei Autoreisen. Einen großen Inverter plus einen kleineren als Reserve sollte man haben. Bei uns ist der 500W immer an und bedient eigentlich alle Geräte, selbst die 650W Bohrmaschine scheint ihn nicht zu quälen. Aber aktuelle Erkenntnis ist, dass die neuesten elektrischen Oral-B Zahnbürsten bei einem simplen Rechteck-Lader sofort einen irreparablen Schaden im induktiven Ladegerät erleiden ... hier geht nur noch saubere Sinuskurve.

  • Einbau-Autopilot Raymarine mit Linearmotor; nutzen wir eher auf Kurzstrecke, während auf längeren Passagen Windpilot Pacific Plus ran muss, ggfs.bei Schwach- und Vorwindkursen auch statt Windfahne von einem kleinen Pinnenpiloten mit minimalem Verbrauch gesteuert.

  • Plotter, Radar, AIS und sonstige Instrumente, UKW, SSB mit Pactor, Ventilatoren aber keine Klimaanlage, Nähmaschine aber keine Waschmaschine, diverse Rechner und ja, Licht haben wir auch, inzwischen überwiegend LED.

  • Ankerwinde und Bugstrahlruder haben eigene Versorgung und sind unabhängig von der Verbraucherbank.

Rückblickend war die Ausrüstungsphase "erstes Schiff und für Langfahrt" eine schwierige Zeit, wollte man doch alles bedarfsgerecht machen, hatte aber mangels Erfahrung keine Ahnung wie die Bedürfnisse sich unterwegs entwickeln werden. Hiscocks Reiseschilderungen schienen uns etwas überholt, doch viele hilfreiche Hinweise entnahmen wir  "Blauwassersegeln heute" von Kinsberger und Hirche. Für Fortgeschrittene mit technischem Interesse möchten wir unbedingt Nigel Calder empfehlen, dessen "Boatowners Mechanical and Electrical Manual" (800 Seiten Großformat Sonderpreis z.Zt. 69,99 € – Redaktionsinfo) sowie "Marine Diesel Engines" (20,40 € Redaktionsinfo) bei uns die Vielzahl kleiner Büchlein vollwertig ersetzt haben und neben allgemeinem Verständnis detaillierte Anleitungen zur Selbsthilfe unterwegs geben. - Mehr fällt uns gerade nicht ein, und jetzt geht es wieder an die Pflegearbeiten, die sich AKKA nach 2 Jahren im Wasser redlich verdient hat. Sie darf mal mit Schwimmbewegungen aussetzen und steht für 3 Monate sicher in Ashbys Boatyard in Opua, Bay of Islands, während wir uns als "Touristen" auf Landreise begeben.
Wir würden uns freuen, wenn unsere Ausführungen hilfreich sind und würden uns noch mehr freuen, wenn nach diesem Muster weitere Beiträge im TO-Forum unter "Bordelektrik" folgen, die erkennen lassen was funktioniert oder auch nicht, damit es "Schiffsausrüster und Blauwassersegler in Planung" bei der technischen Vorbereitung ihrer Traumreise leichter haben.


Andrea und Andreas
SY-AKKA, z.Zt. Opua-Marina, Neuseeland


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  Kommentare

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Wir sind gerade dabei, uns auf Langfahrt vorzubereiten und die elektrische Versorgung ist dabei eines der Themen mit den meisten ???
Weiterhin gute Fahrt und viel Spass in NZ

Danke für die interessanten Informationen

By FredK on 06.04.2018 14:44:45
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besten Dank für die ausführliche Beschreibung...sind dabei unser Schiff für ein Jahr Sabbatical nachzurüsten und man ist über fast jeden Tip dankbar.... euch weiterhin gute Fahrt....

besten Dank.....

By sy karl on 23.01.2017 11:14:22

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