TO-RHT ist die Kurzform von „Trans-Ocean Rolling Home Team 2020“, unserer gemeinsamen Unterstützungsaktion für Karibiksegler in Zusammenarbeit mit dem Amateurfunkverein Intermar und dem Cruising Club Schweiz (CCS). Alle Details dazu findet ihr hier.
In diesen Beitrag möchten wir euch schildern, was sich in den ersten 20 Tagen so ergeben hat.
Die Rückreise über den Nordatlantik von West nach Ost ist eine der anspruchsvollsten Segelreisen für Langfahrtsegler. Wer hierbei die teilnehmenden Yachten kompetent betreuen will, sollte selber einmal auf dem Atlantik Tiefwassererfahrung gesammelt haben. Wir suchten also nach einem hervorragenden Team von erfahrenen Hochseeseglern für die Unterstützung der Karibikheimkehrer und wurden in unserem Verein Trans-Ocean e.V. schnell fündig. Wie schrieb doch noch YACHT Chefredakteur Jochen Rieker Anfang November 2019, kurz nach seinem Besuch auf unserem jährlichen Trans-Ocean Wochenende in Cuxhaven: „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt es im ganzen Land keinen Clubabend, an dem befahrenere Mitglieder das Saisonende feiern.“
In einer ersten Rundabfrage unter unseren deutschsprachigen Treffpunkten und persönlichen Kontakten fanden sich sofort über 30 Mitglieder, die bereit waren zu unterstützen. Nach telefonischer Rücksprache mit den Helfern durch unseren Teamleiter Johannes Frost konnte das Team für die ersten Aufgaben festgelegt werden.
Dass es nun eine deutschsprachige Aktion, organisiert von Trans-Ocean e.V., geben würde, hatte in Windeseile im Inselfunk der Karibik die Runde gemacht. Zuerst mussten die Anmeldungen der sich bereits frühzeitig gemeldeten Boote registriert werden. Die Daten von jedem teilnehmenden Boot wurde in Verwaltungslisten aufgenommen und ein Teilnahmezertifikat ausgestellt. Relativ schnell wichen wir an einer Stelle vom ursprünglichen Konzept ab: Es erschien sinnvoller, jedem Boot von Anfang an einen festen „Boot Manager“ zuzuweisen. Zum einen, damit man sich gegenseitig kennenlernt, zum anderen, weil es bei einer Reisedauer von 30 bis 50 Tagen sicher von Vorteil ist, wenn man als Boot Manager alle wichtigen Ereignisse der Reise miterlebt hat. Neben einer kurzen Vorstellung der Boot-Manager gegenüber den Teilnehmern wuchsen die zusätzlichen Informationen an die teilnehmenden Yachten auf mittlerweile 3 Informationsschreiben an.
In anderen Zeiten hätte man sicherlich versucht, das ganze Team wenigstens einmal persönlich zusammen zu trommeln um entsprechend den Fähigkeiten die Zuständigkeiten und Aufgabenverteilung zu verabreden. Doch die durch das Coronavirus ausgelösten Kontaktbeschränkungen ließen das nicht zu. So wurde anfangs sehr viel telefoniert, viel per E-Mail geschrieben und seit dem die ersten Boote unterwegs sind hat Johannes ein wöchentliches Teammeeting per Videokonferenz etabliert. Jeden Montagabend versammelt er die Funker, die Boot- und die Port Manager zu einem virtuellen Jour Fix. Die teilnehmenden Trans-Ocean Vorstände sind sehr beeindruckt von der Ernsthaftigkeit und der Einsatzfreude des Rolling Home Teams!
Die ersten Probleme auf teilnehmenden Booten traten relativ schnell nach deren Abreise auf: Ein verlorener Mast und Riggschäden auf zwei anderen Yachten – innerhalb einer Woche! Ein Boot kehrte wegen elektrischer Probleme zurück, ein anderes wegen schwerem Wetter. Sicher, gut die Hälfte der teilnehmenden Boote ist nun auf ihrem langen Weg zu den Azoren, doch die fünf Abbrecher zeigen, dass eine Atlantiküberquerung schon besondere Ansprüche an Mannschaft und Material stellt. Zum Glück konnten alle wohlbehalten auf die Bahamas, nach Guadeloupe und Martinique zurückkehren um mit ihren Reparaturen beginnen.
Im Trans-Ocean Rolling Home Team 2020 nehmen unsere Freunde von Intermar eine besondere Rolle ein. Sie stellen die Kommunikation mit den Booten per Kurzwellenfunk und E-Mail sicher. Wichtig für die Boot-Manager sind die täglichen Positionsmeldungen der Boote, wichtig für die Boote sind aktuelle Informationen über die Coronalage in den Zielhäfen und natürlich die täglichen Wetter-Updates. Viele der teilnehmenden Boote haben zusätzlich auch einen kommerziellen Wetterrouter gebucht, also jemanden an Land, der täglich den auf das Wetter optimierten Kurs zum Ziel vorgibt. Bekanntlich kann man auf See ja nie genug Wetterinformationen bekommen – außer man gehört zu den wenigen Seeleuten, die mal eben draußen nachsehen, was für ein Wetter herrscht. Doch im Ernst: Wenn mehrere Menschen zu einer gleichen Einschätzung kommen, dann wird es wohl so sein.
Wie zum Beispiel am vergangenen Wochenende, als sich ein großes Tiefdrucksystem auf seinen Weg über den Atlantik machte und mit Wind und Welle den Kurs der Boote beeinflusste. Die Rückmeldungen der Boote zeigen, dass sie sich gut betreut fühlen.
Während die ersten Boote in diesen Tagen bereits die Azoren erreichen, sind andere noch in der Karibik unterwegs. Ein teilnehmendes Boot saß lange in Kolumbien fest. Dank einer von uns initiierten Unterstützung der Schweizer und Deutschen Botschaften gelang es, die Ausreisegenehmigung für die Yacht im Hafen von Puerto Velero (Kolumbien) zu erhalten. Vor dem Boot liegt nun ein langer Weg bis zum ersten Etappenziel den Bermudas.
Auf den Azoren verfügt Trans-Ocean gleich über drei Stützpunkte. Auf Flores, Horta und Sao Miguel haben wir direkte Ansprechpartner und unser Port Manager im Trans-Ocean Rolling Home Team 2020 kann die ankommenden Boote wie geplant vorankündigen und anmelden.
Wie versprochen veröffentlichen wir seit einer Woche täglich auf der Trans-Ocean Webseite die aktuellen Positionen der teilnehmenden Yachten. Zunächst sind die Angaben von Breiten- und Längengraden ja nichts anderes als ein paar Zahlen, doch zusammen mit Kurs, Geschwindigkeit und einer kurzen Wetterinformation ergibt sich daraus ein Schnappschuss der jeweiligen Situation an Bord.
Das eine Boot läuft mit optimalem Segelwind wunderbare 9 Knoten, das andere steht kurz vor dem Flautenloch und läuft mit Restwind gerade noch 4 Knoten und wieder ein anderes dampft mit der eisernen Unterwassergenua bei Ökospeed mitten hindurch. Die einen sammeln Regenwasser, die anderen gehen im noch warmen Atlantikwasser tiefseebaden. Interessant sind auch die gemeldeten Wellenhöhen. Lummerland Plattwasser oder drei Meter Welle. Alles dabei.
Das ist das, was eine Ozeanüberquerung ausmacht: Nicht einfach nur 20 Tage Wasser, sondern jeden Tag einen anderen Himmel, andere Wellen, Wind, alle Varianten von Blau. Sonne, Nieselregen, Regen.
Peter.