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TO-RHT Situationsbericht 02


 

TO-RHT Situationsbericht 02

13. Juni 2020
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Unser „Trans-Ocean Rolling Home Team 2020“ ist die gemeinsame Unterstützungsaktion für Karibiksegler in Zusammenarbeit mit dem Amateurfunkverein Intermar und dem Cruising Club Schweiz (CCS). Alle Details dazu findet ihr hier.

Seit über 40 Tagen unterstützen wir unsere Segelkameraden auf verschiedenen Booten bei ihrer Atlantiküberquerung. Die ersten Boote erreichen bereits Europa, wie hier die beiden Yachten malwieder und Fata Morgana bei ihrer Ankunft in Brest. Schön, diese in Eintracht neben einander liegende Hochseeyachten nach erfolgreicher Passage so liegen zu sehen!

Doch was verbirgt sich eigentlich genau hinter dem Wort „Unterstützung“?

Hier einige Beispiele:

Ein Boot liegt Kolumbien fest. Auslaufverbot wegen Corona. Das Boot ist in der Schweiz registriert, doch es gibt auch ein deutsches Besatzungsmitglied. Natürlich versucht die Crew auf eigene Faust ordnungsgemäß ausklarieren zu dürfen, doch die Behörden verlangen immer neue Papiere und Sicherheiten, dass die Yacht in einem anderen Hafen einlaufen darf. Nahezu unmöglich, solche Unterlagen in Coronazeiten zu beschaffen. Mit Hilfe der Schweizer- und der Deutschen Botschaft gelingt es der Crew gemeinsam mit dem Bootsmanager Mario  und dem Koordinator für Behörden Christian vom TO-RHT schließlich doch, das Land verlassen zu dürfen. In 23 Tagen durchqueren sie ohne Zwischenstopp die ganze Karibik gen Nord, passieren die Passage zwischen Kuba und Hispaniola, lassen Traumziele an Backbord und Steuerbord liegen und erreichen schließlich am 1. Juni die Bermudas. Was für ein Glück, dass es keine Probleme mit der Einreise gibt und sich die Mannschaft nun in Ruhe auf die Weiterreise zu den Azoren vorbereiten kann!

Täglich studieren unsere Freunde von Intermar die Großwetterlage auf dem Atlantik und erstellen für fast jedes Boot einen individuellen Wetterbericht. Selbstverständlich müssen die Skipper selbst an Bord entscheiden, welchen Kurs sie einschlagen, doch Klaus-Dieter und Uwe verfügen an Land  auf Knopfdruck über alle relevanten Datenquellen und vor allem über die Erfahrung, das Wettergeschehen mit Ruhe und Bedacht vernünftig einschätzen zu können.

Uwe beendet seine Wetternachrichten immer mit dem Kürzel „vy73“. Auf dem ersten Blick eine kryptischen Geheimsprache, in Wahrheit aber eine liebgewonnene Tradition unter Amateurfunkern, sich (sehr) kurz zu halten. Wer wissen will, das denn nun „vy73“ bedeutet, kann ja mal hier nachsehen.

Fast alle Boote bedanken sich täglich für diese fundierten Wetterinformationen und motivieren somit jeden Tag aufs Neue das TO-RH-Team mit gleichem Enthusiasmus und Einsatz weiter zu machen. Die wenigen Boote, die neben ihrem eigenen Wetter zusätzlich vielleicht einen kommerziellen Dienstleister gebucht haben sind auf ähnlichen Kursen zu finden.

Die Darstellung der täglichen Positionen der einzelnen Yachten auf unserer Nordatlantikkarte werden durch manuell erstellte Travelreports erzeugt. Die teilnehmenden Boote senden einmal am Tag eine manuell erstellte eMail und wir tragen die dann händisch in unser System ein. Der Informationsgehalt der gesendeten Informationen und deren Formate könnte unterschiedlicher nicht sein. Eine automatisierte Datenübernahme wäre natürlich nur was für Faule! Doch es braucht schon einen Menschen in der Mitte, der die Nachrichten von den Booten liest, versteht und dann korrekt in dem Trans-Ocean System erfasst.

Die moderne Technik ermöglicht jederzeit auf der einen Seite eine nie dagewesene Genauigkeit der Positionsermittlung. Auf ein oder zwei Meter genau. Das ist sicher beeindruckend. Doch auf der anderen Seite spielt auf hoher See eine Genauigkeit von +/- 1.000 Meter in der Realität selbst keine große Rolle.  Vielmehr sind die Uhrzeit, der zu steuernde Kurs sowie die Geschwindigkeit zur Positionsmeldung enorm wichtig. Nur so kann bei ausbleibenden Positionsmeldungen durch plotten eine wahrscheinliche, eine zu vermutende Position ermittelt werden. Bekanntlich sollte die Uhrzeit einer Position stets in UTC angegeben werden, damit niemand über die jeweils gültige Zeitzone ernsthaft nachdenken muss.

Und so werden die Positionen denn am besten nach Grad und Minuten (GG MM) übermittelt und erfasst, egal, wie viele Nachkommastellen das Gerät auch ausweist. Es waren aber nicht nur aufmerksame TO-RHT Bootmanager die bereits augenzwinkernd darauf hinwiesen, dass selbst die TO-Website in diesem Bereich mit einer seemännisch unkorrekten Pseudogenauigkeit arbeitet.  Schön, dass sich viele damit beschäftigen und noch schöner, wenn wir mal wieder etwas verbessern können!

Bereits zum Start der ersten Boote hatten wir MARINETRAFFIC gefragt, ob sie uns für unsere Aktion einen kostenlosen Zugang zu deren Satelliten gestützten AIS Trackingsystem zur Verfügung stellen könnten. Konnten sie! Sehr gerne wollte MARINETRAFFIC unsere Aktion unterstützen. Vielen Dank dafür!

Seit dem verfügen wir über eine zweite Positionsdatenquelle, die zur allgemeinen Überraschung erstaunlich gut funktioniert. Das AIS Signal der Boote wird von niedrigfliegenden Satelliten aufgenommen und an die Erdfunkstation weiter geleitet. Die Ultrakurzwellen (UKW) der AIS Sender können ungehindert ins Weltall abstrahlen, um in ca. 100 km Höhe von den Satelliten empfangen zu werden. Auf dem Atlantik wird UKW nur in „Sichtweite“ der jeweiligen Antennen empfangen, anders als die Kurzwellen werden sie nicht mehr reflektiert und verschwinden aufgrund der Erdkrümmung über den Horizont hinaus im Weltall. Nur die Kurzwellen unserer SSB Geräte werden an der Ionosphäre reflektiert und können dadurch große Distanzen überwinden.

MARINETRAFFIC sagt selbst, das sie den Empfang von Class-B AIS Transceivern nicht garantieren können. Nebeneffekt: So können wir live erproben, ob wir so eine Technologie nicht auf die ganze TO Flotte anwenden könnten.

Wie anspruchsvoll die Nordatlantikroute wirklich ist, kann man an den gemeldeten Materialschäden ablesen. Neben Riggschäden lassen zwei Ruderlagerprobleme stutzig machen. Zwei Boote, weit voneinander entfernt meldeten Geräusche und auch Ruderlagerspiel. Beide haben bei erst Bester Gelegenheit das Ruderlager auch von außen untersucht – sind also auf offener See tauchen gegangen. Ein Boot hat sich zu Umkehr entschieden, das andere stand bereits ein paar Hundert Seemeilen vor den Azoren und schaffte es sicher in den Hafen. Trotz Corona war die Reparatur samt Trockendock möglich und zur Freude aller kann das Boot seine Reise nun fortsetzten.

Die Stimmung ist gut. Das Team hat erstaunlich schnell zusammen gefunden, der Informationsaustausch funktioniert reibungslos und das Lobby-Team freut sich besonders über  weniger Arbeit, wenn es den Yachten gut geht. Die allgemeinen Lockerungen der Corona-Shutdowns in Europa vereinfachen die Unterstützung sehr. Doch noch sind wir nicht am Ziel. 

Das ist das, was eine Ozeanüberquerung ausmacht: Die sichere Ankunft im Zielhafen. Ohne Personenschäden, ohne Materialschäden, ohne Dramatik. Einfach mal ankommen.

Peter.


  Kommentare

Arbeitsteilung
Erstellt von resolute am 25.06.2020 17:12:29
Diese Arbeitsteilung ist einfach genial. Die ARC hievt die Yachten in die Karibik, der TO holt sie zurück, natürlich kostenlos.
Hans
SY Resolute

Arbeitsteilung
Erstellt von resolute am 25.06.2020 17:12:27
Diese Arbeitsteilung ist einfach genial. Die ARC hievt die Yachten in die Karibik, der TO holt sie zurück, natürlich kostenlos.
Hans
SY Resolute


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