Verstanden

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Reisebericht

Islas Columbretes, der unbekannte Archipel



Islas Columbretes, der unbekannte Archipel

7. Dezember 2021
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Wir sind wieder mit unserer Segelyacht Thalatta, eine Sunbeam39, im westlichen Mittelmeer unterwegs.
Am frühen Vormittag haben wir unsere Leinen im Club Nautico Arenal, unserem Heimathafen auf Mallorca, gelöst. Gegen Mittag passieren wir die nur 700 Meter lange Meerenge zwischen der kleinen, unbewohnten Insel Dragonera und Mallorca. In nördlicher Richtung geht es nun weiter.

Auf unserer Steuerbordseite nimmt das mächtige Tramuntana Gebirge seinen Anfang und wirft um diese Uhrzeit seine Schatten weit hinaus aufs Meer. Es beginnt die spröde und fast unnahbare Seite Mallorcas. Die Natur, mit ihren meist senkrecht gen Himmel strebenden Felsformationen, wirkt monströs, fast einschüchternd, sicherlich aber Respekt einfordernd.

Hier an der Nordwestküste, eingebettet in einem Talkessel, ist die natürliche Hafenbucht von Puerto Sóller der einzige sichere Ankerplatz. Neben der immer weniger werdenden Möglichkeit den Anker auszubringen, bieten drei Häfen sichere Plätze.

Wir machen im öffentlichen Hafen fest. Unglaublich, hier trifft man noch Fischer, die ihre Netze flicken und sicherlich mehr Freizeitfotografen anziehen, als ihnen lieb ist.

Erst einmal ans Fenster

Wir wollten weiter nach Barcelona segeln, zur katalanischen Metropole, die etwa 100 Seemeilen entfernt am Festland der Iberischen Halbinsel liegt und danach, wenn das Wetter mitspielt, zu dem Archipel der Columbretes.

Genügend Wind ist vorhanden, weht jedoch meist aus dem nördlichen Quadranten, der uns momentan leider nicht zum angepeilten Ziel bringen wird. Aber mal ehrlich, wann kommt der Wind schon genau richtig.

Ärgerlich ist diese Situation für uns jedoch nicht. Wir sind gern in Puerto Sóller. Dass die Mallorquiner diesen Landstrich in ihrer Redensart auch „Tal des Goldes“ nennen, liegt nicht an den hier besonders strahlenden und von der Sonne verwöhnten Zitrusfrüchten, sondern dem „flüssigen Gold“, dem Olivenöl - übernommen aus der Zeit der Mauren. „Leinen los“ sind geflügelte Worte auch unter Landratten. Das Vertraute, die alltägliche Umgebung wandert achtern aus, wird kleiner, bis hinter dem Horizont nichts Bekanntes mehr zu sehen ist.
Vier Uhr morgens. Wir lösen unsere Leinen. Es ist stockdunkel, als wir zwischen den noch tief schlafenden Ankerliegern unseren Weg in Richtung Hafenausfahrt suchen.

Der Kompasskurs zeigt 345 Grad. Die hundert Seemeilen bis nach Barcelona wollen wir möglichst segeln. Sechzehn bis achtzehn Stunden wird die Reise zum Festland dauern.

Keine drei Stunden später, wir sind mittlerweile von Mallorca mehr als 15 Seemeilen entfernt, erleben wir mal wieder das, was man eben nur von einem Schiff aus erleben kann. Der Sonnenaufgang auf See, für uns heute Steuerbord querab, ist in seiner Intensität kaum zu übertreffen. Das rasante Tempo, des sich farblich ändernden östlichen Horizonts, ist atemberaubend. 

Der Wind, unsere unerlässliche Antriebskraft lässt uns nicht im Stich. Um uns herum nur Wasser, seit Stunden keine Landsicht mehr. Unsere Thalatta segelt meist um die sieben Knoten über Grund, was bedeutet, wir benötigen für die Strecke offensichtlich deutlich weniger Zeit als gedacht. Delfine begegnen uns, leider jedoch nicht unmittelbar am Schiff, sondern weiter entfernt. Die Windverhältnisse bleiben beständig. Der Bug unserer 39-Fuß Sunbeam zieht kräftig durch die mäßige See. Das Rauschen der Bugwelle gepaart mit dem Zischen des Kielwasser ohne störende Motorgeräusche betört ungemein. Segeln als Hochgenuss, als Werbung für weitere Segelreisen mit unserer Thalatta.

Gegen Mittag sehen wir die ersten Küstenformationen. Es dauert aber noch eine geraume Zeit, bis wir die Hafeneinfahrt ausmachen. Das grüne Molenfeuer und die Silhouette des futuristischen W-Barcelona Hotels sind die ersten deutlichen Zeichen, dass wir Barcelona unmittelbar vor unserem Bug haben.

Nach etwa 14 Stunden, am späten Nachmittag, machen wir im OneOcean Port Vell, zunächst an der Tankstelle fest. Über sieben Knoten Durchschnitt. Das lässt sich sehen.

Wir hatten einen Liegeplatz reserviert aber das Hafenpersonal ist darüber nicht informiert. Samstag zehn Uhr das Hafenbüro öffnet. Jetzt bekommen wir, nach einigem Hin und Her einen Liegeplatz. Wir haben Glück, D7 ist eine besonders gute Hafenposition.

Groß und immer größer

Insbesondere nach dem Umbau des alten Port Vell liegt der hafeninterne Schwerpunkt in der Aufnahme von großen Motoryachten bis hin zu Superyachten, zu deren Ausrüstung auch gerne einmal ein Helikopter gehört.. Die im Hafenbereich tätigen Marineros sind mit dem Einweisen der riesigen Yachten voll auf beschäftigt. Hilfe für uns Segler bleibt hier oft auf der Strecke. Es ist gut, dass wir die auch meistens nicht brauchen.

Barcelona, die Metropole im westlichen Mittelmeer liegt nur wenige Schritte von unserem Liegeplatz entfernt. Trotz der unmittelbaren Nähe zur Altstadt, mit ihrer berühmten lauten und wuseligen Rambla, ist es an unserem Liegeplatz überraschend ruhig. Ein hermetisch abgeriegelter Hafen in einer Stadt wie Barcelona erzeugt ein Sicherheitsgefühl. Ohne Einlasskarte ist hier kein Hineinkommen.

Nein, wir müssen nicht weiterfahren, wir haben Zeit. Zeit ist der eigentliche Luxus. Barcelona bietet seinen Besuchern unendliche Abwechslung. Wir lassen uns darauf ein.

Die Stadt lädt zum Bleiben ein

Mit dem Bus geht es zur Plaza Espana und dort mit dem gläsernen Fassadenaufzug auf das Dach der alten Stierkampfarena, in die über sechs Etagen der Shopping-Tempel „Las Arenas“ hineingebaut wurde. Kaum ein Ort in dieser Stadt, mit einer besseren Aussicht auf den Nationalpalast mit den vielen Brunnen, den Wasserspielen und den 173 Meter hohen Montjuic.

Der nächsten Tag. Wir besuchen die Sagrada Familia, die zum Weltkulturerbe gehört und eines der berühmtesten Werken-Antonio Gaudís ist. Eine gigantische Basilika, seit 1882 im Bau soll sie nun 2026 zu Gaudis hundertstem Todestag tatsächlich fertig werden.

Barcelona überrascht mit vielen gut ausgebauten Fahrradwegen. Jetzt kommen unsere Bordfahrräder wieder zum Einsatz. Besonders gerne sind wir in den kleinen Seitenstraßen in der Innenstadt unterwegs, Hier sieht man Barcelona, wie es den Alltag lebt.

Wie verbringen wir sonst noch unsere Zeit? Unseren Morgenkaffee trinken wir meist am Placa de Catalunya. Mit der Seilbahn schweben wir über Barcelona und zum Castell de Montjuïc fahren wir mit dem Bus. Im nahegelegenen Barceloneta feiern wir bei einer Fiesta kräftig mit und nicht zuletzt unterhalten wir uns oft mit unseren Nachbarn, eine Charterfirma die täglich bis zu fünf- bis sechsmal mit mehreren Schiffen für jeweils ein bis zwei Stunden mit Gästen zum Segeln hinausfährt. Wir erleben bei diesen kurzzeitigen Seglern geballte Lebensfreude aber auch oft durchlittene Seekrankheit. 

Fast 14 Tage waren wir hier in Barcelona, keinen Tag zu viel für diese aufregende Stadt. Es gibt wenige Besucher, die sich diese Zeit nehmen wollen oder können.

Unsere Reise geht weiter. Wir steuern das etwa 50 Seemeilen entfernte Cambrils an der Costa Dorada an.

Szenenwechsel - Das Ebro-Delta

Die Landschaft wechselt zwischen starker Bebauung und flacher Küstenlinie. Das katalanische Vorküstengebirge mit dem 1200 Meter hohen Montserrat ist sehr deutlich zu sehen. Erst gegen Mittag segeln wir mit dem versprochenen Wind, vorbei an Tarragonas großem Industriehafen zum Cap Salou. Der 1858 eröffnete Leuchtturm wurde seinerzeit mit Olivenöl betrieben und seine Sichtweite betrug erstaunliche 14 Seemeilen.  Raumschots geht es in den Golf de Sant Jordi. Gute16 Knoten Wind bringen uns voran und der Hafen von Cambrils ist nur noch eine knappe Stunde entfernt.

Der Unterschied ist schon gravierend. Aus der spanischen Metropole Barcelona kommend, fühlen wir uns in diesem wohl sehr beliebten Ferienort, mit allen üblichen touristischen Angeboten, deplatziert. Am Abend mischen wir uns dann doch unter die flanierenden Urlauber. Und entdecken eine teuflisch gute italienische Eisdiele.

Nach zwei Tagen lösen wir wieder die Leinen unserer Thalatta. Das für uns völlig unbekannte Ebro-Delta wollen wir nach etwa 50 Seemeilen heute Abend erreicht sein. Es ist eines der größten Feuchtgebiete an der Küste des Mittelmeeres. Ein Refugium für viele Vögel und Pflanzen. Das hier die größten Reisfelder Spaniens zu finden sind, wussten wir nicht.

Gegen frühen Mittag, 20 Seemeilen liegen im Kielwasser, haben wir das Cabo Tortosa auf unserer Steuerbordseite passiert. Es ist der östliche Punkt des Ebro-Deltas. Schwemmland, das der Ebro mitbringt, verändern stetig die Tiefenverhältnisse. Ab hier legen wir unseren Kurs immer mehr nach Westen, ohne jedoch unter die 20 Meter Tiefenmarke zu segeln.

Nachdem wir das Feuer von La Bana über Steuerbord sehen, liegt in etwa 280 Grad eine rot-weiße Fahrwassertonne, die uns den Weg in den Tonnenstrich Richtung Sant Carles de la Rapita zeigt. Auf der Hälfte, des fast sechs Seemeilen ausgelegten Tonnenstriches, übersehen wir eine weitere rot-weiße Tonne und fahren so prompt in Richtung einer Zement-Verladestation. Wir müssen wieder ein Stück zurück.

Spanischer Reis

In Sant Carles de la Rapita liegt die mondäne und mit allem Komfort ausgestattete Sant Carles Marina sowie der Club Nautico, für den wir uns entscheiden. Er ist zwar nicht so komfortabel, liegt dafür aber unmittelbar an der Ortsmitte. 

In östlicher Richtung erstrecken sich endlose Reisfelder, die Reiskammer Spaniens. . um ersten Mal in unserem Leben sehen wir Reisfelder und glauben fast alleine zu sein, in diesem Landstrich mit denen im Wind hin und her wogenden grünen Reispflanzen.

Süßwasser gibt es reichlich und sorgt für üppige Gärten mit hohen Fruchtständen. Überall gibt es Wege und kleine Verbindungsstraßen, in den ausgedehnten, meist wasserbedeckten Feldern. Kleine Häuser, vielleicht fürs Wochenende, stehen, sind in den offenbar privaten Parzellen verstreut. Wir sehen Flamingos, große Vogelkolonien und unterschiedliche Arten von Reiher. Feldarbeiter stehen bis  an die Knie  im Wasser der ReisfeldernEs ist still. Nur das Rauschen der im leichten Wind wehenden Reispflanzen ist zu hören. Welch eine Erholung. Wir erleben hier wunderschöne Momente, die wir gerne noch bis zum späten Abend genossen hätten. Ein platter Reifen am Hinterrad meines Fahrradesbringt unseren Ausflug am Nachmittag zu einem jähen Ende. Einem Taxifahrer zu erklären, wo er uns inmitten der Reisfelder holen soll ist nicht ganz so einfach. Irgendwann kommen wir jedoch an einen Aussichtspunkt, der welch ein Glück, einen Namen hat. 

Wir brechen mal wieder auf. Noch sind wir am Festland und haben den Hafen von Sant Carles de la Rabita gerade verlassen. Es ist früher Morgen. Die im Osten bald aufgehende Sonne zeichnet die wenigen Wolken, vor dem schon tiefblauen Himmel, in orangen und violetten Tönen. Ein Rausch der Farben, eine perfekte Morgenröte. 

Ich lenke unser Schiff zunächst in den Tonnenstrich, um dann, nach etwa einer Stunde, einen fast reinen Südkurs dem automatischen Piloten zu überlassen. Unsere 56 PS Maschine bringt uns auf sechs bis sieben Knoten. Der Wind bleibt noch aus. Zweimal kreuzen uns größere Delfin-Schulen und sorgen für Unterhaltung. Wenn auch spät aber sie kommen hoch, unsere Segel. Wir akzeptieren eine geringere Geschwindigkeit, um im Gegenzug ohne Motorgeräusch durch die ruhige See zu fahren.

Ein Geheimtipp

Das zwischen dem spanischen Festland und den Balearen eine kleine, naturgeschützten Inselgruppe liegt, wissen wahrscheinlich die wenigsten. Sie setzt sich zusammen aus vier Inselgruppen mit etwa 25 Inseln und Klippen und gruppieren sich um die vier Hauptinseln Ferrara, Bergantin Carallot, Forrada und die L’IIIa Grossa.

Die Columbretes, etwa 80 Kilometer vom Ebro-Delta entfernt, sind nicht mehr als ein paar kleine Punkte auf der Europakarte. Es lohnt sich, einen Archipel, der kaum auf der Agenda der Sportschifffahrt steht, als Reiseziel zu haben.

Es ist heiß und nur das Rauschen der See und des jetzt kühlenden Windes ist zu hören. Dann wachsen plötzlich Felsen aus dem Meer, zunächst als kleine Punkte. Es dauert bis zum frühen Nachmittagals wir am Horizont vier oder fünf Inseln ausmachen. Eine davon muss die 67 Meter hohe L’llla Grossa sein. Nur diese Insel ist befeuert

Eigentlich ist die Isla Gross ein fast kreisrunder Vulkankrater, der sich weit nach Osten öffnet und eine Wassertiefe von lediglich 25 Meter hat. Sie ist auch die einzige der Inselgruppe, die auf Anfrage betreten werden kann, jedoch nur in Begleitung eines Rangers.

Über Sprechfunk Kanal 9 versuchen wir mit den Ranger der Insel Kontakt aufzunehmen. Wir wollen vorsorglich um die Genehmigung zur Einfahrt in das Innere des Kraters und anschließendes Festmachen an den Bojen in der Bucht bitten. Eine vorherige Reservierung ist leider nicht möglich.

Doch sollen die kostenlosen Festmacher-Bojen selten komplett besetzt sein. Ist dies dennoch der Fall, dürfen auch zwei Schiffen an einer Boje liegen. Wir bekommen keine Antwort. Erst kurz vor der östlichen Einfahrt hören wir über Funk, dass wir festmachen können, wo wir wollen.

Bis auf einen weiteren Segler, der fast versteckt hinter einem kleinen Vorsprung liegt, sind wir allein in dieser weiträumigen Kraterbucht. Eine Situation, die uns sprachlos macht. Mit dieser Einsamkeit haben wir nicht gerechnet. Natürlich ist uns bewusst, hier keinen maritimen Hotspot, wie auf Cabrera oder Espalmador in den Balearen vorzufinden. Die Tatsache, dass wir hier in den Columbretes für westliche Mittelmeerverhältnisse, weit draußen an einer Boje liegen fasziniert uns. 

Wir schwimmen in kristallklarem Wasser und sitzen zum Sundowner auf unserer Steuerbordseite. Später sehen wir einen Sternenhimmel ganz ohne jegliche Lichtverschmutzung.

Am Morgen liegen zwei weitere Schiffe in der Bucht. Gegen Mittag sehen wir auf der Insel eine Gruppe von vielleicht 15 Besuchern.
Wir erleben ein Meeresschutzgebiet, dessen Zugang streng limitiert also durchaus exklusiv ist. Vor dem Betreten der L’Illa Grossa Insel muss eine weitere Genehmigung, eingeholt werden, wobei sie nur mit Einschränkung zeitlich und auch von der Teilnehmerzahl her, betreten werden darf. 

Die Chance einer möglichen Exkursion haben wir dann leider erst einmal selbst vermasselt, da wir vergessen hatten, eben diese Genehmigung zu beantragen.

Doch noch an Land?

Nach etwa anderthalb Stunden kehrt die besagte Besuchergruppe in ihren Dingis zurück auf ihre Schiffe. 

Feli trifft den Entschluss bei den Ranger nachzufragen, ob es heute noch möglich ist, an einer zweite Begehung der Insel teilzunehmen?
Ob es ihren spanischen Sprachkenntnissen zu verdanken ist, wissen wir nicht aber spontan bekommen wir, nur für uns beiden, eine Zusage..
Maria, die angesprochene und diensthabende Nationalparkrangerin wartet auf uns an dem kleinen, in den Felsen gehauenen Anlegebereich. Wir sollen uns beeilen. Innerhalb von 15 Minuten sind wir an Land. 

Der Weg vom Anleger hoch zum Inselkranz ist ins Lavagestein gehauen. Wir kommen vorbei an einem stählernen Ungetüm mit vielen Hydraulikschläuchen. Ein ausfahrbarer Kran der Lasten an Land heben kann. 

Als Erstes klärt Maria uns darüber auf, was wir nicht dürfen. Müll in jedweder Form zu hinterlassen, von dem vorgegebenen Weg abzuweichen, auf Blumen oder Pflanzen zu treten oder gar mitzunehmen, für Tiere und Insekten gilt das Gleiche. Rauchverbot gilt für die gesamte Insel. Nur der Weg oben auf dem Kraterkranz der Insel und das nur in nordöstlicher Richtung, vom Anleger bis zum Leuchtturm, ist für uns zugänglich. 

Endemische Tier-und Pflanzenwelt

Mit viel Geduld bringt uns Maria die Kraterinsel nahe. Auf der anderen Seite der Bucht liegt, oben auf dem Kraterkranz, ein kleiner Friedhof mit etwa 15 Gräbern aus vergangenen Zeiten. Zwei Familien, früherer Leuchtturmwärter, haben hier gelebt. Dieser vom Anleger gesehene linke Bereich der Insel ist für jeglichen touristischen Besuch gesperrt.

Wir erfahren von Maria, dass die Insel, ihrer Abgeschiedenheit wegen, lange ein Zufluchtsort für mallorquinische Schmuggler und im 15. und 16. Jahrhundert auch ein geniales Versteck für Piraten aus Nordafrika war. Ähnlich wie Cabrera auf den Balearen, diente auch die Isla Grossa später als Strafkolonie, wenn auch nur für kurze Zeit.

Dass diese Inselgruppe oftmals auch als "spanische Galapagos-Inseln" bezeichnet werden, kann man leicht nachvollziehen. Die etwa 25 Inselchen sind eher Felsen oder Klippen, die aus dem Meer auftauchen und unzähliger Vogelarten beherbergen. Die Abgeschiedenheit dieser Vulkaninseln haben sie zu einem Paradies für Seevögeln gemacht. Kormorane, große Kolonien von Mittelmeermöwen,  Gelbschnabel- und Silberkorallen-Möwen nutzen die spröde Formation der Felsen für ihre Nester. Eleonorenfalken haben in den steilen Felswänden ihr Domizil. Das Schreien und Krächzen über uns und in den Felsen ist allgegenwärtig. Selbst in der Nacht sind offensichtlich hunderte, meist Möwen, in der Luft. Die Columbretes wirken für Zugvögel auf Ihren Reisen wie ein Magnet für eine zwischenzeitliche Rast, um dann den Weiterflug zu starten.

Ein exakt ausgebauter Weg führt uns schließlich bis hoch zum Leuchtturm, vorbei an den privaten Unterkünften der Ranger.

Von den Römern wurden diese Vulkaninseln Colubraria (Schlange) genannt. Der Bau des Leuchtturmes im Jahre 1856 machte es notwendig die gesamte Insel abzubrennen, um die großen Mengen an Giftschlangen zu töten. Die dabei größtenteils vernichtete Natur hat sich jedoch, so berichtet uns die Rangerin, erholt. Sie zeigt uns einige endemische Pflanzen und wir sehen Eidechsen, die nur auf diesen Inseln leben. Nicht nur über dem Meeresspiegel beeindrucken Fauna und Flora. Die Unterwasserwelt um die Islas Columbretes ist fast noch spannender..
Die extrem unterschiedlichen Formationen des Meeresgrundes mit seinen abstürzenden Klippen und Verwerfungen bietet einen seltenen Schutzort für viele Meerestiere.

Unser Landgang endet nach über zwei Stunden. Deutlich länger als üblich. Hätten wir keine Genehmigung zu dieser Exkursion bekommen, uns wäre vieles, sehr vieles entgangen.

Leider sind die Wetteraussichten nicht so toll. Der angesagte Ostwind, mit einer unangenehmen Dünnung steht unserer Rückreise, in Richtung Heimathafen im Wege. Die Weiterreise ist für übermorgen, vor dem Sonnenaufgang geplant. Die Nacht bleibt ruhig, nur ein leichter Ostwind steht auf unserem Bug. Insgesamt liegen in dieser Nacht sechs Schiffe in der Bucht.

Eine falsche Entscheidung?

Der nächste Morgen bringt uns eine Überraschung. Bis auf einen Segler haben alle Schiffe die Kraterbucht verlassen. Der östliche Wind ist leicht angestiegen und weht mit 12 Knoten. Dass wir nicht gestern oder heute Morgen in Richtung Mallorca aufgebrochen sind, geht uns durch den Kopf, aber wir sprechen nicht darüber. An Bord herrscht eine nachdenkliche Stille. Wir sind unsicher, ob unsere Entscheidung, bis morgen früh mit unserer Abreise zu warten, die Richtige war. Die vorhandene Wettervorhersage ist vier Tage alt und damit deutlich zu alt.

Informationen über die weitere Entwicklung können wir nicht bekommen. Wir sind einfach zu weit draußen auf offener See. Der Wind dreht auf Nord und wir beobachten und wiegen ab. Für die über 100 Seemeilen bis Mallorca benötigen wir mindestens 16 Stunden und vor allem Wind, egal woher, nur nicht aus einer östlichen Richtung. Der Tag vergeht und wir wollen nach wie vor erst morgen früh die Leinen lösen.
Kaffeezeit auf der Thalatta. Unser Bug zeigt immer noch nach Osten aber der Blick aus der Bucht hinaus zeigt eine andere Situation. Wir sind im Windschatten und unsere Schiffslage zeigt nicht die Verhältnisse draußen auf See. Ein Nordwind hält sich beharrlich.

Feli sieht sie zuerst. Eine Segelyacht mit dem augenscheinlich östlichen Kurs. Wir erkennen, dass die Yacht hoch am Wind fährt. Unser Barograph zeigt keinerlei Veränderung. Die vorhandene Wetterlage scheint beständig zu bleiben. Kaum zu glauben, dass es morgen besser werden könnte. Innerhalb von wenigen Minuten treffen wir gemeinsam die Entscheidung, doch lieber jetzt loszufahren. Es ist 17 Uhr, als wir den Archipel der Columbretes verlassen.

Ich lenke unser Schiff in den Wind, um das Großsegel ausfahren zu können. Es klemmt und lässt sich nicht aus dem Mast rollen. Mit unserem alten Segel hatten wir ein ähnliches Problem. Es war ausgelutscht, hatte kein Profil mehr und warf Falten beim Einfahren in den Mast. Unser jetziges Großsegel ist aber neu und darf solche Probleme nicht machen. Sowohl Fingerspitzengefühl als auch mit Gewalt versuchen wir, eine Lösung zu finden. Unser Segel will nicht aus seiner Garage. Ich öffne eine kleine Klappe am Mast, dort wo der Baum angeschlagen ist, und erkenne recht schnell unser Problem. Der Segelhals-Schäkel, der an einem Haken befestigt ist, hat sich gelöst und die Spindel blockiert. Ich öffne ganz leicht das Großfall und mit einem dicken Schraubendreher arbeite ich den Schäkel frei. Mit massiven Kabelbinder befestige ich den Segelhals wieder am Haken. Das sollte halten. Fast eine Stunde haben wir bei mittlerem Wellengang gebraucht, um dann endlich unser Großsegel setzen zu können.

Wir segeln

Unser Kompass zeigt 105 Grad. Die wärmende Nachmittagssonne haben wir fast im Rücken. 16 Knoten Wind aus Nord, um die 6 Knoten Fahrt über Grund. Wir wissen, dass es so nicht bleiben muss. Eine Drehung des Windes in Richtung Ost wäre für uns recht unangenehm. 

Den Sonnenuntergang haben wir mittlerweile hinter uns und reffen vor Anbruch der Dunkelheit. Wir segeln in die Nacht. Der Wind tendiert östlich und seine Geschwindigkeit unterschreitet die 20 Knoten selten.

Wir hoffen auf den Mondaufgang, der uns mehr Sicht in dieser Nacht geben kann. Als wir losfuhren, hatten wir einen fast wolkenlosen Himmel. Mittlerweile entwickeln sich jedoch Wolkenbildungen um uns herum. Nicht bedrohlich. Mitternacht, es ist stockdunkel, der Wind aus etwa 20 Grad ist nach wie vor recht stark. Unsere Thalatta segelt nun seit Stunden durch die tiefschwarze Nacht. Die immer wieder über unseren Bug brechenden Wellen, sind als Gischt, im rot-grünen Schein der Positionslichter, gut zu sehen.

Ein Tanker wird unseren oder wir seinen Kurs in Kürze kreuzen. Gegen 1 Uhr sehe ich die rote Backbordbeleuchtung. Was nichts anderes bedeutet, als Obacht geben, der ist schneller und stärker. Wir segeln unseren Kurs weiter und sehen immer noch die rote Seite des Tankers. Sollen wir die Fahrt aus unserem Schiff nehmen und warten bis er durch ist? Wir fahren weiter, das rote Licht wird deutlicher, der Abstand geringer. Ich werde nervös und stelle mir die Frage, ob alles das, was wir gerade tun, richtig ist. Nein, ist es nicht. Es dauert nicht mehr lange und ich sehe die Bugbeleuchtung und das rote Licht. Dieser riesige Tanker fährt genau auf uns zu. Jetzt gibt es kein Zurück. Ich erhöhe die Geschwindigkeit auf 8 Knoten, um aus der Gefahrenzone zu kommen. Der Autopilot hält den rechten Wickel und ich beobachte den Tanker, wie er immer näherkommt. Nach einer gefühlten Ewigkeit sehe ich grün, seine Steuerbordseite. Wir sind vor seinem Bug durch. Einer meiner leichtsinnigsten Aktionen auf offener See. Das hätte daneben gehen können. Wir hören das dumpfe Grollen seiner Maschinen. Etwa eine Seemeile hinter uns kreuzt der riesige Tanker unseren Kurs.

Auf der Suche nach Licht

Die Hoffnung, dass der Mond uns Sicht geben wird, müssen wir erst einmal begraben. Aufgegangen im Osten ist er, jedoch immer wieder schieben sich am Horizont Wolkenbänke davor. Der Wind nimmt ab auf etwa 12 Knoten. Wir fahren wieder mit voller Besegelung und lassen über längere Zeit die Maschine mitlaufen. Wir hören ein unregelmäßiges Platschen im Wasser. Eine große Delfinschule hat sich unser Schiff für ein morgendliches Spiel ausgesucht. Trotz Dunkelheit sehen wir dutzende Tiere. Neben unserer Bordwand, fast zum Anfassen, vollbringen sie ihre Sprünge. 

Unser Schiff macht eine rauschende Fahrt und wir warten auf das erste Leuchtfeuer von Mallorca. Nach unseren Berechnungen müsste es sich bald zeigen. Ungeduldig nehmen wir unser Glas zu Hilfe. Es dauert schließlich eine gefühlte kleine Ewigkeit, bis das Licht zu sehen ist. Nach und nach können wir auch die Intervalle des Leuchtturmes erkennen, ja unser Ziel ist nun in Sicht.

Gegen frühen Morgen sehen wir das nördliche Feuer von Dragonera, der unbewohnten Felseninsel an der Westküste Mallorcas. Der Schiffsverkehr nimmt nun massiv zu. Gegen 7.30 Uhr legen wir in unserem Heimathafen, dem Club Nautico Arenal, auf unserem Liegeplatz an.

Unser diesjährige Sommertörn war geprägt von viel Zeit für die angesteuerten Orte und das Erreichen eines Törnziels, das nur bei wenigen Seglern im Logbuch steht. 

Walter Vollstaedt (Text und Fotos), SY Thalatta, www.thalatta.info

 


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