Alle vier Jahre auf klassischen Wegen über den Großen Teich. Die Route du Rhum versammelt die Spitzenklasse der Einhand-Skipper und mit Boris Hermann ist unter den 138 gemeldeten Teilnehmern auch ein Skipper aus unseren Reihen dabei. Zum zweiten Mal tritt der TO-Preisträger des vergangenen Jahres zu diesem Rennen an, im Herbst 2018 holte er immerhin den fünften Platz in seiner Wertungsgruppe.
Mit dem Startschuss zur „Rhum 2022“ gibt es am kommenden Sonntag, 6. November, vor Saint-Malo also wohl gleich drei Ziele für ihn: Die eigene Bestmarke einzuholen, dürfte davon noch die am niedrigsten hängende Frucht sein. Nein, wir wollen hier natürlich keine Erwartungen aufstellen und schon gar keinen Druck erzeugen … Mit der dritten Malizia-Seaexplorer hat er jedoch klar das bessere Boot als beim letzten Mal.
Route du Rhum ist aber kein Blauwasserbummeln. Wind und Material können auf dem Ozean schnell Ziele in die Ferne rücken, aber auch zum Greifen nah bringen. Über 3500 Seemeilen liegen zwischen der Bretagne und dem Ziel in der Karibik. Das liegt auf Guadeloupe und auf der Reise dorthin begleitet Boris in seiner Wertungsklasse das größte und stärkste IMOCA-Feld der Rhum-Geschichte. Für Boris wird das außerdem die erste Solo-Regatta seit dem Ende der Vendée Globe 2021. Sich gegen die Konkurrenz der 60-Füßer zu behaupten, ist wohl das zweite große Ziel für den gebürtigen Oldenburger. Es ist aber auch ungleich härter. Nicht nur die Malizia ist nagelneu, sechs weitere Teilnehmer treten auf Neubauten an. Daneben die erfolgreichen Schiffe der letzten Rhum. Vor allem im Bereich der Foils ist in den letzten vier Jahren auch allerhand entwickelt worden.
Der Klassen-Rekord in der Open60-Gruppe von 12 Tagen, 11 Stunden, 23 Minuten und 18 Sekunden, steht also aus allen Richtungen auf wackeligen Füßen – Boris ist da natürlich unser Favorit! Also: Alle Daumen drücken!
Was noch bleibt, wäre dann die schnellste „Rhum-Passage“ überhaupt. Da wollen wir aber ganz bescheiden gar keine Erwartungen an Boris äußern: Der absolute Rekord liegt bei etwas über sieben Tagen und 14 Stunden. In etwa der Zeit segeln viele Blauwassersegler, immerhin von Lissabon zu den Azoren und so kurz dauerte die komplette Atlantiküberfahrt aus dem Ärmelkanal von Francis Joyon auf der Idec-Sport im Jahr 2018, einem 103 Fuß langen Trimaran. Das ist dann eben doch eine andere Wertungsklasse …
Wir wünschen Boris jedenfalls einen großartigen Start und natürlich auch allen anderen Teilnehmern ein sicheres Ankommen und viel Freude auf dem Ozean.
In Frankreich ist das Event übrigens ein erstklassiges Volksfest. Tausende Schaulustige besuchen alle vier Jahre das Race Village und der Start des Rennens ist absichtlich auf 13:02 Uhr (MEZ) festgelegt, damit die französischen Fernseh-Nachrichten live davon berichten können. Mehr zur Route du Rhum, den Race-Tracker und einen Livestream gibt es auf der Website.
Hinnerk Weiler