Die Segelrouten der Welt kennt Jimmy Cornell gut. So gut, dass er über sie das unangefochtene Referenzwerk für die Planung von Langzeitsegelreisen geschrieben hat. Der Erfinder der Atlantic Rally for Cruiser blickt inzwischen auf deutlich mehr als 200.000 Seemeilen durch alle Weltmeere zurück.
Das ist genug Erfahrung, um sie einmal ganz groß Revue passieren zu lassen: Weltumsegelungen, Arktisexpeditionen, Vorträge, Bücher, Radiomachen… Anfang des Jahres erschien seine Autobiografie: „Mein Leben unter Segel“.
Auf den ersten Blick sind 528 Seiten reichlich Platz für eine Biografie, die in großen Teilen auf dem Wasser stattfindet. Wer sich das Buch auf den Schoß nimmt, wird aber schnell feststellen: Es hätten tausend Seiten sein können, und Jimmy würde weiterhin etwas zu erzählen haben. Dabei hat er schon jetzt mehr als nur die Lebensgeschichte eines außergewöhnlichen Seglers aufgeschrieben.
Mit den für eine Autobiografie wichtigen Eckpunkten zeichnet er die Persönlichkeit Jimmy Cornell. Die Fülle an Wissen über das Segeln, die Ozeane und besuchte Kulturen ergänzen dieses Bild geschickt zum Porträt des unangefochtenen Segel-Experten.
„Mein Leben unter Segel“ beginnt nach einer kurzen Einführung mit einem eher düster wirkenden Ausflug ins kommunistische Nachkriegs-Rumänien zu Zeiten von Stalins Sowjetunion. Ohne darüber ins Anklagen oder Jammern zu verfallen gelingt es ihm, den kleinen Jungen in den Vordergrund zu stellen, der auf dem Weg ins Ferienlager erstmals das Meer sieht. Jimmy macht in seinem Buch nicht vor den Schicksalsschlägen seiner Familiengeschichte halt. Im Gegenteil, er nimmt sie als wesentlichen Teil an. Sie prägen seinen Durchhaltewillen, den er selbst zuweilen mal Starrsinn nennt, und der das Fundament für seinen Werdegang bildet.
Diese Lebensgeschichte trägt, ganz wenig überraschend, das Segeln und vor allem das Reisen im Kern. Um die Welt segeln, um die Welt zu sehen. – Fortbewegung auf dem Wasser ist für Jimmy vor allem das Erreichen und Erleben von Orten. Besser zu segeln und seine Boote immer weiter dafür zu perfektionieren, bringt ihn schneller und besser dahin und diese Philosophie findet sich im konsequenten Ausbau seiner Schiffe und seiner Karriere rund um das Segeln wieder.
Seiner Leidenschaft für das Segeln folgt er so konsequent, dass auch dieses Buch anders aufgemacht ist, als Autobiografien es nahelegen. Die chronologische Schilderung der Lebensetappen sucht man darin vergeblich. Jimmy Cornell versteht sein Leben eher als Sammlung von Themen aus der Segelszene: Törnplanung, Crewmanagement, Notfälle. Zu diesen und 42 weiteren Kapiteln sammelt er die passenden Reiseberichte samt humorvollen und auch mal mahnenden Anekdoten. Sein eigenes Leben wird so zum Bindeglied für sein Wissen.
Damit hat er es geschafft, eine schnell lesbare und spannende Lebensgeschichte für Segelfans zu schreiben. – In perfekte Häppchen für den Nachttisch gegliedert.
Wer zudem Spaß an englischen Texten hat, greift aber vielleicht lieber zur englischen Originalausgabe „Sail the World with me“. Die deutsche Übersetzung ist stellenweise ein bisschen holprig. Spaß macht sie aber trotzdem. Erschienen sind beide Fassungen in Jimmy Cornells eigenem Verlag „Cornell Sailing“ und sie können beim Buchhandel des Vertrauens, den üblichen Buchversandhändlern oder direkt über seine Webseite bestellt werden.