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Reisebericht

SuAn in der Inselwelt von Vanuatu



SuAn in der Inselwelt von Vanuatu

5. Oktober 2016
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Lutz und Gabriele Pestel sind vor zwei Jahren mit ihrer 13 Meter langen SuAn drei Monate lang durch das Inselreich Vanuatu gesegelt und konnten es noch so paradiesisch erleben, wie viele Segler vor ihnen. Am 13. und 14. März 2015 aber zerstörte der Zyklon Pam einen Großteil der Inseln und sorgte für unermessliche Verwüstung.

Das Land arbeitete hart an seinem Wiederaufbau, vieles ist schon geschafft, auch dank vieler Segler, die das Gebiet nicht aus der Liste ihrer Traumziele gestrichen haben:

 

Die meisten Segler erreichen Vanuatu bei ihrer Reise durch den Südpazifik sehr bequem, indem sie den Passatwinden nach Westen folgen.

Wir starteten mit SuAn  jedoch in Brisbane, an der australischen Ostküste. Zunächst segelten wir nach Neukaledonien und von dort aus weiter nach Vanuatu.

 

Der Inselstaat

Von Beginn an sind wir von dieser 900 km langen Inselkette im westlichen Pazifik, mit ihren 13 Hauptinseln und mehr als 70 kleineren Eilanden sehr beeindruckt. Obwohl Vanuatu mit einer Vielzahl von Attraktionen lockt, wird es vergleichsweise wenig besucht.

Vanuatu hat neun aktive Vulkane, davon sind sechs auf verschiedenen Inseln und drei unterhalb der Wasseroberfläche. Die bekanntesten Vulkane sind auf Tanna und Ambrym. Der gefährlichste Vulkan ist auf der Insel Gaua. Er gilt deshalb als gefährlich, weil sich dicht unterhalb eines riesigen Kratersees, nur durch eine vergleichsweise dünne Gesteinsschicht getrennt, flüssiges Magma befindet. Eine wahrhaft explosive Anordnung. Dieser Letas See, ist der größte Süßwassersee im ganzen Südpazifik. 

Vanuatu besteht aus drei Inselgruppen: Ganz im Norden liegen die Torres Inseln, etwas weiter südlich die Banks, zu denen die Inseln Santa Maria (Gaua), Vanua Lava und Ureparapara gehören. Alle anderen Inseln, die noch weiter südlich liegen, bilden geographisch die Neuen Hybriden.

Politisch ist Vanuatu seit 1980 eine unabhängige Republik.

 

Begegnung mit einer unbekannten Kultur

Bei den zahlosen Begegnungen mit den Ni-Vanuatu, den Einwohner Vanuatus, lernen wir sehr viel über die Kultur, die Kastom, des Inselstaates. So erfahren wir zum Beispiel, dass das Bungee-Springen in Vanuatu, auf der Insel Pentecost erfunden wurde. Vor langer Zeit sind die Männer, als Mutprobe, von hohen Banyan-Bäumen gesprungen, wobei sie sich Lianen an die Füße banden, um einen Aufprall auf dem Boden zu verhindern und den Sprung zu überleben. Heute springen die Männer von 16 Meter hohen Bambus-Türmen. Dieses Spektakel zieht im Frühjahr unzählige Touristen nach Pentecost.

Und dann die Dörfer, erst hier in Vanuatu sehen sie so aus, wie wir sie uns im Südpazifik immer vorgestellt haben. Die Leute leben in einfachen Hütten von und mit der Natur. Es scheint ihnen an nichts zu fehlen. Natürlich interessieren sie die Dinge der westlichen Welt (mit der extremen Ausprägung des sogenannten Cargo Cult) und so entwickelt sich, wo immer die Crew einer Segelyacht an Land geht, ein reger Tauschhandel. Papaya gegen T-Shirt, Süßkartoffeln gegen Batterien, Tomaten gegen Angelhaken ….

Wir geben den Ni-Vanuatu, wonach sie fragen. Als besonders angenehm empfinden wir, dass die Einheimischen uns oft zuerst „beschenken“. Wir bekommen Ananas, Pampelmusen oder Papaya von wild fremden Menschen einfach so in die Hand gedrückt. Der Brauch besagt allerdings, dass man für jedes Geschenk, ein Gegengeschenk machen sollte.

Die Kulturdarbietungen sind allerdings auch hier bereits heute zu einem Geschäft geworden, denn auch in Vanuatu braucht man zum Leben Geld, wenn auch vergleichsweise wenig. Beispielsweise für die Schulbildung, die zwar bis zur achten Klasse kostenlos ist, danach aber von den Eltern bezahlt werden muss.

Neben der Kopra-Produktion haben die Dorfbewohner kaum eine Möglichkeit Geld zu verdienen. So kommt es ihnen sehr gelegen, dass auch Segler in aller Regel gern bereit sind, für kulturelle Vorführungen relativ tief in die Tasche zu greifen. Ähnlich verhält es sich mit Besuchen von geologischen Attraktionen wie Vulkanen oder Wasserfällen. Überall dort gibt es “Eigner“ und die halten die Hände auf. Warum auch nicht? Wir können uns schwerlich darüber beklagen, dass die Marktwirtschaft auch hier angekommen ist, wo wir Segler sie doch Yacht für Yacht hierher transportieren. Für die Ni-Vanuatu ist das alles völlig normal und sie scheinen es als Fortschritt zu verstehen, was es vermutlich auch ist.

In Vanuatu leben die freundlichsten und glücklichsten Menschen, die wir bisher auf unseren Reisen getroffen haben. Wir sind froh und dankbar für das Privileg, diese Inselrepublik besuchen zu dürfen. Gleichzeitig haben wir manchmal ein klein wenig schlechtes Gewissen, denn auch wir leisten unseren Beitrag dazu, dass sich das Leben hier in der Zukunft ändern wird und der sogenannte „Fortschritt“ mehr und mehr Einzug hält. Zufällig sind wir auf eine Studie des Spiegels gestoßen, die sich bereits 2006 mit diesem Thema bestätigt hat. Zu finden ist sie unter folgendem Link: http: www.spiegel.de/panorama/gefuehlsstudie-die-glueckskinder-von-vanuatu-a-426418.html

 

Die Reiseroute durch Vanuatu

Unser Besuch beginnt mit dem Landfall in Aneityum (Anatom) und endet mit dem Verlassen der Torres Insel Tegua, ganz im Norden. Obwohl wir drei Monate im Land verbrachten, war es bei weitem nicht möglich, alle interessanten Plätze anzusteuern. Die Kunst besteht im Weglassen.

 

Aneityum (Anatom) und Mystery Island

Nach einer angenehmen Überfahrt sind wir am frühen Nachmittag in die große Bucht von Anelghowhat im Südwesten der Insel eingelaufen. Die Bucht, die durch die vorgelagerte Insel Mystery Island gebildet wird, zählt zu den sichersten Ankerplätze in Vanuatu.

Einklariert, wir hatten die schriftliche Genehmigung dazu, wird in einer kleinen Hütte unweit vom Strand. Der Beamte stellt uns ein temporäres Cruising Permit aus und übergibt uns einen verschlossenen und versiegelten Umschlag. Dieses Dokument gilt bis Port Vila. Dort werden wir dann richtig einklariert. Doch sind wir jetzt schon offiziell in Vanuatu angekommen.

Wir machen das Dinghi klar und besuchen die vorgelagerte Insel, die alle nur Mystery Island nennen. Eigentlich heißt sie Inyeug und ist quasi unbewohnt.

Die Einwohner Aneityums glauben, dass hier Geister wohnen und verkauften sie an James Paddon, der sich 1844 als erster Europäer hier niederließ und mit Sandelholz handelte.

Die kleine Sandinsel, die man in einer halben Stunde zu Fuß umrunden kann, beherbergt heute den südlichsten Flughafen Vanuatus, auf dem zweimal wöchentlich eine kleine Propellermaschine landet. Außerdem ist Mystery Island Ziel der Kreuzfahrtschiffe, die hier ein- bis zweimal im Monat für ein paar Stunden ankern. Wir können uns richtig vorstellen, wie die Touristen sich auf der Insel tummeln. Überall befinden sich Verkaufsstände aus Pandanusschindeln und Strohdächern, ein alter Walkochtopf und alle 50 Meter ein Toilettenhäuschen. Ohne all die Menschen wirkt es jedoch wie ein Geister-Disneyland. Der Tourismus ist Haupteinnahmequelle für die Inselbevölkerung.

 

Tanna

Die Bucht Port Resolution auf der Ostseite von Tanna ist nach Nordosten hin offen, weshalb man sie, wenn der Passatwind auf den nordöstlichen Sektor dreht, besser verlassen sollte.

Den Einklarierungsort Lenakel auf der Westseite haben wir nicht angelaufen. Dort gibt es keinen geschützten Ankerplatz und das Anlanden mit dem Dinghi soll auch nicht ganz einfach sein.

Anfang August 1774, sah Commander James Cook nachts das rote Glühen des Vulkans Mount Yasur am Himmel. Am nächsten Tag lief er in eine kleine Bucht an der Ostseite und benannte diese nach seinem Schiff, der HMS Resolution.

Bereits vor drei Jahren besuchten wir zum ersten Mal die Insel und machten einen fantastischen Ausflug zum Kraterrand des aktiven Vulkans Mt. Yasur.

 

Damals haben wir es bedauert, nur so kurz dort gewesen zu sein, denn Tanna hat neben dem Vulkan noch so viel mehr zu bieten, zum Beispiel die hohen Asche-Dünen auf der Rückseite des Vulkans, die Kastom-Dörfer, die den Regeln ihrer alten Traditionen folgen oder die John Frum Bewegung, die den Vulkan Yasur als Ursprung der Welt sieht.

Das Dorf Ipeukel in der Schwefelbucht soll das Zentrum dieser Bewegung sein, die hier allerdings John Prum genannt wird. Es befindet sich etwa 14 km von Port Resolution entfernt. Da wir mehr über diese Religion erfahren wollen, machen wir uns zu Fuß auf den Weg über die Insel, vorbei am aktiven Yasur und den riesigen Aschedünen auf seiner Leeseite.

Am frühen Nachmittag erreichen wir das Dorf Ipeukel, auch bekannt als Sulphur Bay. Kurze Zeit später stehen wir Chief Isaac Wan, dem religiösen  Führer der Bewegung, gegenüber, der uns Einblick in seine Religion gewährt.

Am meisten hat uns dabei überrascht, dass diese scheinbar nichts mit dem Cargo Kult zu tun hat und dass wir im Ort auch keinerlei Symbole dieses Kultes finden können. Er erläutert uns, dass die westlichen Menschen, die Christen, vor allem nach Geld streben würden und dieses Streben nach Reichtum sei die Ursache aller Probleme auf dieser Welt. In der John Prum-Bewegung wird versucht ein Kastom-Leben zu führen, das sich in einer engen Verbundenheit mit der Natur widerspiegelt und Geld ablehnt. Für uns erscheint das genau das Gegenteil vom Cargo-Kult zu sein.

 

Port Vila

Nächstes Ziel in Richtung Norden ist die Insel Efate. Auf dem Weg liegt Eromango, wo wir nur einen kurzen Stopover in der Dillan’s Bay einlegen. Wir lernen David kennen, der einen kleinen Yachtclub baut, um möglichst viele Segler auf diese Insel zu locken. Schließlich erreichen wir am Morgen die Hauptstadt von Vanuatu, Port Vila und machen an einer Mooring Boje in der Paray Bay fest.

Port Vila hat etwa 30 000 Einwohner und ist im Gegensatz zu den einfachen Dörfern auf den anderen Inseln eine geschäftige Stadt mit recht guter Infrastruktur. Neben den Regierungsgebäuden gibt es viele Restaurants, Hotels, Reisebüros für lokale Attraktionen, Museen, ein Casino, eineUniversität und gute, wenn auch nicht so preiswerte Einkaufsmöglichkeiten. Die meisten Geschäfte sind in chinesischem Besitz. Hier leben nicht nur Menschen melanesischer Herkunft sondern auch ein Großteil internationaler Zuwanderer oder Geschäftsleute. Während unseres achttägigen Aufenthalts in Port Vila waren zwei Kreuzfahrtschiffe hier. Tourismus spielt eine bedeutende ökonomische Rolle in Vanuatu.

Im Coco Palm Resort schauen wir uns einen fantastischen Feuertanz an, der uns von anderen Seglern als ein absolutes Highlight empfohlen worden war.

In Port Vila besuchen wir das Vanuatu Meteorological and Geo-Hazards  Department (VMGD). Ein modernes Gebäude, mit jeder Menge Parabolantennen auf dem Dach, das Abteilungen für Wetterkunde sowie geologische Warnsysteme beherbergt. Wir bekommen eine beeindruckende Führung und von der Modernität und Kompetenz dieser Dienststelle überrascht Wir staunen über die Kontraste in diesem Land.

 

Havannah Harbor

Nach ein paar Tagen haben wir genug von der Stadt und segeln mit einem Zwischenstopp in der Mele Bucht, die 24 Seemeilen in den Havannah Harbor, einen im Westen von Efate gelegener Naturhafen, der durch die vorgelagerten Inseln Lelepa und Moso gebildet wird.

Eine Kaltfront ist angekündigt, die viel Wind und Regen bringen wird. Wir nutzen die letzten sonnigen Stunden für einen Besuch in einem außergewöhnlichen, winzigen Museum, in dem Exponate aus dem Zweiten Weltkrieg gezeigt werden, die vom Meeresboden im Havannah Harbor geborgen wurden. Im Museum treffen wir Mark, den Enkel von Ernest, dem Initiator und Besitzer des Museums. Mark erklärt uns die über die Jahre gesammelten Exponate und erzählt uns auch, dass sein Großvater die weltgrößte Sammlung von fast 300 Coca Cola-Flaschen besitzt. Auch die Cola-Flaschen stammen vom Grund der Bucht, der bis heute mit alter Ausrüstung der US-Navy übersät ist.

Was für ein außergewöhnliches Museum!  Es ist für uns eine ganz neue Perspektive,  die Vorgänge im zweiten Weltkrieg aus der Sicht der hiesigen Bevölkerung zu sehen.

 

Maskelyne Inseln

Wir liegen in den Maskelyne Inseln südöstlich von Malekula, in einer geschützten Bucht vor der Insel Uliveo, statten Chief Carl einen Besuch ab und erhalten die Genehmigung hier zu ankern und das Dorf Sengalai zu besuchen.

Ambang, ein junger Mann aus dem Dorf wird gebeten uns herumzuführen. Besonders stolz ist er auf die Grundschule, die hier bis Klasse 8 geführt wird, obwohl sie sonst nach Klasse 6 endet. Dann zeigt er uns eine verschlossene kleine Halle, in der als ein Entwicklungshilfe-Projekt Bootsrümpfe und Wassertanks aus Polyester hergestellt wurden. Inzwischen wurde die Produktion allerdings eingestellt. Nach dem Weggang des australischen Projektleiters kümmerte sich niemand mehr um die kleine Fertigung.

Als nächstes sehen wir uns mit Ambang eine Wasserentsalzungsanlage für die Trinkwasserversorgung an. Auch dieses Projekt wurde mit ausländischen Mitteln finanziert und von Neuseeländern errichtet. Da wir wissen, wie empfindlich Wasserentsalzungsanlagen auf Yachten sind, fragen wir uns, wie lange diese Anlage funktionieren wird, wenn auch die Neuseeländer die Insel wieder verlassen haben.

Vollkommen überrascht sind wir, als wir erfahren, dass es hier auch einen Bäcker gibt, bei dem wir frisches Brot aus dem Steinofen kaufen können. Wir bestellen gleich ein Brot für den nächsten Tag für 140 Vatu (1,20 Euro), das uns dann auch noch per Kanu zu unserem Schiff geliefert wird. Es schmeckt fast wie unser Weißbrot zu Hause.

Die Einwohner gehören, genauso wie die der Nachbarinseln, zu den Smol Nambas (kleine Nambas). So werden die Stämme im Süden der Insel Malekula genannt. Der Name stammt von der Größe der Penishülle, die aus nur einem Bananen- oder Pandanusblatt hergestellt und an einem schmalen Gürtel aus Baumrinde oder Blättern befestigt wird. Weiter im Norden von Malekula leben die Big Nambas.

 

 

Auf der Nachbarinsel, der Insel Avock, führen die männlichen Dorfbewohner

für uns eine traditionelle Tanzvorführung auf. Eine Gruppe Männer, nur mit ihren small Nambas bekleidet, schlägt den Rhythmus auf hölzernen Tam Tams, singt und tanzt dazu. Nussratteln, hohle, um die Füße gebundene Nüsse, begleiten die Musik im Rhythmus des Tanzes, wobei jeder Tanz seine eigene Bedeutung hat.

Bevor ein junger Mann ein Tänzer werden kann, muss er ein Schwein getötet haben. Die Männer geben ihr Bestes, wobei der Tanz sehr kriegerisch wirkt, so dass wir uns fragen, ob früher vielleicht Menschenopfer anstelle des Schweines gebracht wurden. Frauen aus dem Dorf dürfen den Tänzen übrigens nicht zusehen

Auf Avock bekommen wir auch einen kleinen Einblick in die Inselökonomie. Wir treffen Richard, den Besitzer des einzigen Geschäfts auf der Insel. Nur einmal im Monat bringt ein Versorgungsschiff neue Ware, erklärt er uns. Die grob gezimmerten Regale sind bis auf etwas Reis, Zucker, Cola, Waschpulver, Seife und Sardinen in Dosen fast leer. Ein kleiner Kühlschrank in der Ecke hat keinen Strom – wie übrigens die ganze Insel.

Gegenüber, auf einer Holzbank unter einem Baum hat heute, im wahrsten Sinne des Wortes, die Bank geöffnet Eine Bankangestellte aus Malekula ist mit einer Stahlkassette voller Vatu (Wärung in Vanuatu) und einem Pappkarton mit Papierunterlagen in einem hölzernen Kanu herüber zur Insel Avock gekommen. Einige junge Männer der Insel studieren ihre Sparbücher. Stolz erzählen sie uns, dass sie Geld auf ihr Sparbuch eingezahlt haben. Mit dem Kopra-Anbau, das Fischen und das Einsammeln von Seegurken für die Chinesen können sie ein kleines Einkommen erwirtschaften.

Etwas später können wir die Herstellung eines Einbaumkanus beobachten. Am Ufer warten Georg und zwei weitere Männer auf uns. Sie führen uns 30 Minuten lang durch Dschungel, dorthin wo das Kanu entstehen soll.

Etwa zwanzig Männer haben sich versammelt. Ein dicker Baum ist bereits gefällt, jetzt soll er ausgehöhlt und in Form gebracht werden. Diese Art Baum wird in Vanuatu „Blauwasserbaum“ genannt, weil er Wasser, das mit dem Holz in Berührung kommt, blau färbt. Das frische Holz wird aus dem Stamm geschlagen, Bug und Heck werden gekonnt mit der Axt geformt.

In der Nähe brennt ein Feuer, auf dem Bananen und Maniok geröstet werden. Drei Männer schleppen in einem großen Korb aus Pandanusblättern das Mittagessen heran, das mit einem Kanu von Avock herüber gebracht wurde.

Noch heute soll der Einbaum-Rumpf soweit fertig werden, dass er durch die Plantage zum Ufer gebracht werden kann. Und das alles ohne Maschinen oder Transportmittel. Nur mit Muskelkraft wird das schwere Kanu durch den Dschungel gezogen!

Die Maskelyne Inseln warten mit noch einer Besonderheit auf: Segelnde Auslegerkanus gibt es in Vanuatu nur in den Maskelyne Inseln, im Süden Malekulas und in Ureparapara in den Banks.

 

Die Segelkanus sind komplett aus Holz gebaut. Früher wurde als Material für die Segel ein Geflecht aus Pandanusblättern verwendet. Heute dient dazu Segeltuch, das meist von Yachten gespendet wird.

Die Segelkanus sind schnell und wendig und dienen auch zum Überwinden größerer Entfernungen. Eigentlich ist das segelnde Kanu das ideale Transportmittel in diesem Teil der Welt.

 

Malekula, Banam Bucht

Bei besten Segelbedingungen verlassen wir die Maskelyne Inseln und segeln entlang der Ostküste von Malekula nach Norden. Unser nächstes Ziel ist die Banam Bucht.

Wir besuchen Chief John Eady und seine Großfamilie im Dorf Vetgot auf Malekula. Als wir mit dem Dinghy am Strand landen, wartet er mit einer kleinen Gefolgschaft schon auf uns, führt uns durch das Dorf und arrangiert einen Kastom-Tanz der Smol Nambas.

Chief Eady hat neun Kinder und lebt gemeinsam mit seinen sechs Söhnen, deren Familien, Enkelkindern und seiner unverheirateten Tochter sowie der Großfamilie seines Bruders in einem kleinen Dorf. Seine Frau Lenawen bewirtet uns mit frischen Kokosnüssen und gibt uns Tomaten, Lauch, Papayas und Bananen mit. Einige junge Männer begleiten uns ein Stück am Strand entlang, die Kinderschar führt uns an den Händen zurück zu unserem Dinghi und singt für uns. Was für ein emotionaler Moment!

Unsere Reise führt uns zur nächsten Insel. Knapp 30 SM nordöstlich der Banam Bucht auf Malekula liegt die Ranon Bucht der Insel Ambrym. 

 

Ambrym, Ranon Bucht

Sie ist vor allem für ihre aktiven Vulkane Marum und Benbow, mit der im Krater kochenden Lava, und ihrer traditionellen Magie und Mystik bekannt. Letzteres hat maßgeblich zur Entwicklung des geisterbeschwörenden Rom-Tanzes beigetragen.

Diesen berühmten Tanz wollen wir natürlich erleben. Also machen wir uns auf den Weg zum 200-Einwohner-Dorf Fanla, das etwas landeinwärts in den Bergen liegt und für seine Mythen, Schnitzereien und vor allem den Rom-Tanz bekannt ist.

Wir werden auf den magischen und von mehreren Tamtams und Banyanbäumen eingefassten Nassara-Platz geführt. Hinter ihm befindet sich ein kleinerer Platz mit der Hütte des höchsten Priesters. Rauch steigt dort auf, doch ist dieser Bereich tabu und nur den Chiefs vorbehalten. Die Tradition (Kastom) schreibt vor, dass nach dem Rom-Tanz ein Schwein geopfert werden muss, das mit einem Nal-Nal, einer besonderen Keule, erschlagen wird.

Eine Tamtam ist ein Musikinstrument zum Schlagen des Rhythmus der traditionellen Tänze. Sie wird aus einem Baum geschnitzt, besitzt ein bis maximal zwölf menschenähnliche Köpfe mit kreisrunden Augen und einen langen hohlen Klangkörper mit einem Schlitz. Je nach Rang des Schnitzers dürfen die Tamtams eine vorgegebene Anzahl von Köpfen nicht übersteigen und nur ein Chief in Fanla darf die zwölfköpfige Tamtam überhaupt schnitzen.

Auf dem Tanzplatz erscheinen zwei Gruppe Tänzer: Die Geister und die Priester. Sie beginnen zu tanzen. Rhytmisches dumpfes Gemurmel kombiniert mit dem Stampfen auf die Erde und dem Rascheln der trockenen Bananenblätterkostüme der Geister gibt dem Tanz das mystische Flair. Die Geister (Baboon) tragen bunt bemalte konische Masken aus Bananenfasern. Mehrere Lagen getrockneter Bananenblätter verhüllen den Körper. Die Kostüme werden nach jedem Tanz verbrannt, um sicher zu gehen, dass die spirituelle Anwesenheit des Geistes wirklich verbannt ist, sofern sie nicht schon durch die Geisterbeschwörung der tanzenden Priester besiegt wurde. Die mit Nambas bekleideten Priester tanzen und singen im Rhythmus einer Tamtam geisterbeschwörende Texte, die wie man uns sagt, nur sie verstehen. Die Magie spürt man auch so.

 

Pentecost, Loltong

Nach einem wunderbaren Segeltag entlang der Westküste von Pentecost ankern wir in der atemberaubenden und gut geschützten Bucht von Loltong.

Im Norden der Insel Pentecosts gibt es keine Städte oder Häfen. Alle zwei Wochen kommt ein Versorgungsschiff und bringt neben ein paar Dingen des täglichen Bedarfs auch bestelltes Baumaterial und einige Passagiere mit. Das Landungsboot kann wegen des flachen Wassers nicht bis ans Ufer fahren und so werden die Säcke und Pakete umgeladen und dann mit vereinter Kraft ans Ufer transportiert.

Das halbe Dorf hat sich versammelt. Einige warten schon mehrere Stunden neben ihren Säcken mit Kava-Wurzeln, die sie aus den Bergen ans Ufer geschleppt haben. Kava-Wurzeln werden im gesamten Südpazifik zur Herstellung eines berauschenden Getränkes verwendet. Auch handgefertigte Matten und Taschen aus Bast werden auf das Schiff verladen, um später in der Hauptstadt Port Vila verkauft zu werden.

Chief Jacob hat heute die Männer der Segelyachten zu einer Kava-Zeremonie eingeladen. Kava wird auf den Pazifikinseln mit entsprechenden Ritualen überwiegend von Männern getrunken.

Die Kava-Zeremonie findet im Nakamal statt. Das Nakamal ist eine große, sehr schön gebaute Bambushütte, in der Veranstaltungen des Dorfes abgehalten werden.

Dort werden wir aufgefordert, uns im Halbkreis um den Zeremonienmeister zu setzen. Dann werden die Kava-Wurzeln von ihm mit einem Stößel so lange zerkleinert, bis nur noch feine Fasern übrig sind, die dann mit etwas Wasser zu einer breiigen Masse vermischt werden. Mit einem Tuch aus Kokosfasern wird diese anschließend ausgewrungen, wobei die trübe, bräunliche Flüssigkeit in Kokosnussschalen aufgefangen und anschließend noch einmal gefiltert wird.

Chief Jacob erklärt wie die Kava-Zeremonie abläuft: Beginnend mit der ältesten Person setzt sich jeder Kavatrinker neben den Zeremonienmeister, nimmt eine mit Kava gefüllte Kokosnussschale in beide Hände und trinkt diese in einem Zug aus. Danach bedankt er sich beim Zeremonienmeister und geht auf seinen Platz zurück.

Der Geschmack von Kava ist widerlich und schwer zu beschreiben, erinnert aber ein bisschen an schlammiges Spülwasser mit einem Hauch Pfeffer. Die Männer trinken Kava nicht wegen des Geschmacks sondern wegen seiner Wirkung: Zunächst werden Mund und Zunge taub, dann setzt ein rauschartiger Zustand ein, ohne jedoch am nächsten Morgen einen Kater zu verursachen.

Die meisten Menschen in Vanuatu leben in einfachen Dörfern von dem, was sie in ihren Gärten anbauen. Einige Dörfer haben eine relativ gute Wasserversorgung, die durch einen Wasserschlauch von den Gebirgsbächen ins Tal geleitet wird. Wir haben aber auch Dörfer erlebt, in denen die Frauen und Mädchen das Wasser vom nächsten Fluss in Eimern nach Hause tragen müssen.

Feuerholz, Obst und Gemüse müssen sie aus ihren Gärten tagtäglich heranbringen, denn oft sind die Agrarflächen mehrere Kilometer vom Dorf entfernt. Hier in Loltong auf Pentecost sind die meisten Felder auf dem 270 Meter hohen Plateau der Insel.

Die meisten Familien in den Dörfern Vanuatus haben eine Hütte zum Schlafen und eine zum Kochen und Essen. Wir haben die Gelegenheit, so eine Essküche besuchen zu dürfen. In einer Ecke der schummrigen Hütte, auf einem kleinen Holzfeuer auf dem Boden, kocht Wasser in einem Kessel, der auf einem improvisierten Rost steht. Daneben liegt Gemüse aus dem eigenen Garten. Zum Würzen dient meist Kokosmilch.

An den Wänden erkennen wir im Halbdunkel ein paar wenige Kochutensilien, wie Töpfe, eine kleine Ablage, Machete, Schöpfkelle und halbe Kokosnussschalen, die als Trinkgefäße dienen. Gegenüber liegen etwas Feuerholz, Schneidebretter und eine Plastikflasche fürs Wasser.

Nach einigen Tagen heißt es dann wieder Anker auf. Unser nächstes Ziel ist nur wenige Seemeilen im Norden.

 

Maewo, Asanwari Bucht

Asanwari ist die südlichste Bucht der Insel Maewo. Das Wasser ist glasklar und man kann den Anker in 13 m Tiefe beim Schnorcheln noch gut erkennen.

Wir gehen durchs Dorf Lawi, stellen uns Iris, der Tochter des ehemaligen Chiefs vor. Erica besitzt ein kleines Restaurant und Gästebungalows, das Mulu Resort, und bietet geführte Touren an. Etwas weiter kommen wir an der Schule vorbei.

Ein Wasserfall, direkt am Ufer, lädt zum Baden ein. Auch hier wird eine kleine Gebühr fällig.

 

Espiritu Santo

Espiritu Santo (spanisch „Heiliger Geist“), auch Santo genannt, ist die größte Insel von Vanuatu. Ihren Namen verdankt sie dem Seefahrer Pedro Fernandez de Quiros, der 1606 bei seiner Ankunft auf der Insel der Neuen Hebriden der irrigen Ansicht war, in Australien gelandet zu sein. Er nannte die Insel deshalb La Austrialia del Espiritu Santo.

Wir wählen unseren Ankerplatz in der Nähe von Luganville, der zweitgrößten Stadt in Vanuatu, vor der Ferienanlage “Beachfront Resort“, deren Manager Dave die Crews der ankernden Segelyachten zu einem Vortrag zum Thema „Luganville im Zweiten Weltkrieg“ einlädt.

Gebannt lauschen wir Segler seinen Ausführungen und erfahren, dass nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor die Insel in einer extrem kurzen Zeit von den alliierten Streitkräften zu einer militärischen Nachschubbasis, einem Marinehafen und einem Luftwaffenstützpunkt ausgebaut wurde. Santo wurde praktisch über Nacht zum zweitgrößten Militärstützpunkt im Pazifik nach Pearl Harbor. Diese Militärbasis war von enormer strategischer Bedeutung im Kampf gegen die vorrückenden japanischen Streitkräfte. In dem gut geschützten Naturhafen, der durch die Inseln Santo im Norden und Aore im Süden gebildet wird, ankerten zeitweise bis zu 100 Kriegsschiffe, einschließlich Flugzeugträger. Santo ist einer der Handlungsplätze in James Micheners weltberühmter Novelle „Tales of the South Pacific“.

Dave erzählt auch, wie es zum Untergang der SS President Coolidge kam, die ein weltberühmtes Tauchziel ist und als Dorado für Wracktaucher gilt. Das Schiff lief damals auf die eigenen Minen.

Auch wie es dazu kam, dass kurz vor dem Abzug der Truppen von Vanuatu ein großer Teil der zivilen Fahrzeuge und Ausrüstungen im Meer versenkt wurden, erfahren wir. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die nicht mehr benötigten Fahrzeuge und Gerätschaften zunächst der Britisch-Französichen Kolonialregierung der Neuen Hybriden (so wurde Vanuatu damals genannt) angeboten. Als diese jedoch ablehnte, bauten die Seabees, also die US Marinepioniere, eine lange Rampe und fuhren Tag für Tag Lastwagen, Traktoren, Anhänger und vieles mehr über die Rampe in die See.

Die Bewohner von Santo trauten in der Zeit zwischen August 1945 und Dezember 1947 vermutlich ihren Augen nicht, als sie die Vernichtung von Gütern im Wert von vielen Millionen US Dollar beobachteten. Einen solchen Reichtum hat die Insel nie wieder erlebt.

Die Stelle, an der Südostspitze von Santo, an der quasi der Stützpunkt im Meer versenkt wurde, nennt man heute den „Million Dollar Point“.

Bei Sonnenschein und wunderbarem Wetter fahren wir mit dem Taxi dorthin. Ein paar in die Korallen eingebettete, vor sich hin rostende Schrotteile kündigen an, was uns im Wasser erwartet. Mit Taucherbrille, Flossen und Schnorchel machen wir uns auf die Suche. Im 5 bis 10 Meter tiefen Wasser sehen wir die zum Teil gut erhaltenen Überreste von Bulldozern, Lastwagen, Jeeps und Flugzeugmotoren auf dem Meeresgrund herumliegen. Sie bilden inzwischen künstliche Riffe, die in denen es von Fischen und anderen Meeresbewohnern nur so wimmelt.

 

Bevor wir Luganville wieder verlassen, kaufen wir auf dem Markt frisches Obst und Gemüse. Die Dorfbewohner bringen täglich ihre Ernte aus den entlegenen Orten der Insel nach Luganville. Um das Rechnen zu vereinfachen, kostet alles 100 Vatu (etwa 0,80 Euro): eine Tüte (ca. 1 kg) Tomaten oder Chilishoten, eine Riesengurke, zwei oder drei Mangos, eine Ananas, eine Tüte Bohnen oder Paprikas oder Zitronen, eine Staude Bananen, eine Papaya, eine Tüte Ingwer.

Nachdem wir alles an Bord gebracht haben, wird erst das ganze frische Obst und Gemüse gründlich in einer Kaliumpermanganat Lösung gewaschen und getrocknet. Damit  wird vermieden, dass Ungeziefer an Bord kommt. Bisher hat das ganz gut geklappt.

 

Santo, Peterson Lagune

Wir segeln nur wenige Meilen um die Südostspitze der Insel Espiritu Santo nach Norden in die Peterson Lagune und ankern wunderbar geschützt neben dem hübschen Oyster Island Resort.

Zwei Flüsse münden hier ins Meer, deren unterirdische Quellen sogenannte Blue Holes (blaue Seen) bilden. Mit dem Dinghi bzw. zu Fuß geht es durch üppigen Dschungel. Das Wasser der beiden Flüsse ist glasklar und blau. Noch imposanter ist die kräftig blaue Farbe der bis zu 12 m tiefen Seen, die unterirdisch mit diesem blauen Süßwasser gespeist werden. Urwaldriesen mit Lianen laden zum Sprung in das klare Wasser ein.

In unmittelbarer Nähe von unserem Ankerplatz befinden sich die Überreste einer der amerikanischen Flugpisten. Die 1800m lange Bahn des „Fighter One Airstrips“ wurde von 440 Soldaten, Marines und Einheimischen auf Korallenschotter als Untergrund in nur 20 Tagen errichtet. Zwei Tage nach Fertigstellung, am 30. Juli 1942, startete hier schon die 26. Bomberstaffel zu ihren Angriffen auf die japanischen Streitkräfte auf den Salomonen.

Ein Flugzeug, eine PBJ-1D, ist damals hier abgestürzt. Das Wrack haben wir beim Schnorcheln vor Oyster Island in etwa 5 MeternTiefe gefunden.

 

Santa Maria (Gaua), Losalava

Eine Nachtfahrt bringt uns auf die Insel Gaua in der Inselgruppe „Banks“. Wir ankern vor dem kleinen Dorf Losalava auf der Nordseite der Insel Gaua. Die Einwohner dieses Dorfes haben wir besonders ins Herz geschlossen. Da ist Chief Robert, der uns begrüßt und uns die Erlaubnis gegeben hat, vor dem Dorf zu ankern. Auch hat er uns sofort zur Hochzeit ins Nachbardorf eingeladen. Da ist die junge Mutter Samantha, die nächsten Monat heiraten will, uns den halben Tag lang in das Nachbardorf zur Hochzeit begleitet und uns stundenlang, geduldig die Sitten und Bräuche erklärt. Und da sind die unzähligen freundlichen und neugierigen Dorfbewohner, die uns an jeder Ecke in ein Gespräch verwickeln, uns kleine Geschenke machen und schließlich am Ufer winken, wenn wir am Abend mit unserem Dinghi zurück zu unserem Schiff fahren.

Dieses Dorf ist auch aus noch einem Grund bemerkenswert und dieser war es auch, der uns überhaupt hierhergekommen ließ.

Die Frauen in diesem Dorf haben vor langer Zeit die Wassermusik erfunden. Seit dem wird die Kunst der Wassermusik von einer Generation zu nächsten weitergegeben. Nur für uns allein hat man eine Vorführung organisiert. Wir erleben, wie sich fünf traditionell gekleidete Frauen im hüfttiefen Wasser aufstellen und mit ihren Händen auf die Wasseroberfläche schlagen beziehungsweise darunter sehr schnell „rühren“, um auf diese Weise  äußerst rhythmische, selbst polyphone Klänge zu erzeugen. Wir sind beeindruckt und spekulieren noch lange, wie genau die Frauen die Klänge erzeugen. Diese Musik gibt es nur hier und stolz berichtet uns Margret, dass ihre Gruppe sogar zu Vorführungen nach Spanien eingeladen wurde.

Ab und an brauchen wir etwas Bewegung und so ist unser Ziel der Letas See, der Kratersee des Vulkans Garet. Ausgerüstet mit Proviant, Wasser, GPS und Lampen machen wir uns früh morgens auf die Socken. Der Weg führt durch dichten Dschungel zum 550 Meter hoch gelegenen See. An einer Stelle gelangen wir zu einem riesigen Banyan-Baum. Der Pfad führt für 35 Meter durch den Baum. Nach etwa vier Stunden erreichen wir schließlich das Ufer des Letas Sees. Auf der gegenüberliegenden Seite sehen wir den noch einmal 150 Meter höheren Vulkan Garet, aus dem weißer Rauch aufsteigt. Ein beeindruckender Anblick.

Der Zeitpunkt unserer weiteren Reise wird im Moment nicht nur durch Wind und Wetter bestimmt sondern auch vom Eintreffen eines Päckchens mit Ersatzteilen. Wir müssen deshalb nach Luganville zurücksegeln, um es in Empfang zu nehmen.

Obwohl wir gern noch länger in Vanuatu bleiben würden, zwingt uns der baldige Beginn der Taifun-Saison zum Weitersegeln zu den Solomon Inseln. Luganville ist auch der Ort, an dem wir ausklarieren können.

SuAn kehrt also wieder in der Peterson Bucht vor Oyster Island zurück.

Auf dem Weg zu den Solomon Inseln liegen die Banks und die Torres Inseln, die noch zu Vanuatu gehören. Um auch diese Inseln besuchen zu dürfen, haben wir uns vom Zoll eine Genehmigung besorgt, mit der wir nach dem Ausklarieren noch weitere zehn Tage im Land bleiben dürfen.

 

 

Ureparapara

Nach etwa 24 Stunden erreichen wir unser Ziel, die Insel Ureparapara.

Eine unglaubliche Kulisse bietet sich uns. Vor vielen Millionen Jahren war Ureparapara ein aktiver Vulkan. Über die Zeit ist die Erosion soweit fortgeschritten, dass ein Teil der Vulkanes weggewaschen wurde und sich der Kratersee mit dem Ozean vereinigt hat. Wir ankern also quasi im Krater des Vulkanes. Die üppig grünen steilen Berge ragen 300 Meter hoch über die Bucht, über allem thront die Bergspitze des Mt. Tow Lap. Eine drei Kilometer ins Innere führende Bucht hat sich hier gebildet und gibt der sonst fast kreisrunden Insel ihre besondere Charakteristik.

Ureparapara hat insgesamt 500 Einwohner, 285 davon leben in der Bucht des Kratersees.

Chief Nicholson heißt uns willkommen und seine Frau Melody begrüßt uns mit Ketten aus frischen Frangipaniblüten. Wir sind für den nächsten Tag zum Essen eingeladen.

Hier sehen wir auch die Segelkanus mit Ausleger wieder, diesmal sogar mit zwei Masten. Die Insulaner benutzen sie, um Kopra vom gegenüberliegenden Ufer der Bucht ins Dorf zu transportieren. Stolz erzählt uns der Chief, dass sie hier diese Segeltradition fortsetzen und die Menschen dementsprechend auch Wetteränderungen auf Grund von Wolkenbewegungen vorhersagen können.

Leider wird aus dem gemeinsamen Essen nichts, denn der Wind hat gedreht und es steht schon eine erhebliche Welle in die Bucht. Wir müssen weg und die Essenseinladung absagen. Diese Absage kommt für Melody nicht überraschend, denn auch sie kennt sich mit dem Wetter aus.

 

Torres Inseln, Tegua

Unsere letzte Station in Vanuatu ist die Insel Tegua in der kleinen, spärlich besiedelten Inselgruppe der Torres-Inseln, die sehr abgelegen ganz im Norden von Vanuatu liegt und nur selten von Yachten besucht wird. Wir ankern in einer wild romantischen Bucht im Norden der Insel und können jedes Detail auf dem Grund in einer Tiefe von 12 Metern erkennen. Über uns kreisen hunderte Fliegende Hunde.

Am Ufer der Bucht entdecken wir einen schmalen Pfad. Nach einer zweistündigen Wanderung durch den Dschungel zur anderen Seite der Insel kommen wir in ein winziges Dorf, in dem wir Chief Ronan und seine beiden Söhne Eden und Simon treffen. Nur zweimal pro Jahr kommt ein Versorgungsschiff hierher, erzählen sie, wenn überhaupt. Simon berichtet uns, dass er sogar schon einmal in Port Vila, der Hauptstadt von Vanuatu war. Er verneint aber entschieden die Frage, ob es ihm dort gefallen habe, denn dort müsse man arbeiten, um zu überleben.

Auch in dieser abgelegenen Gegend wird bald massiv der sogenannte „Fortschritt“ einziehen. Chief Ronan erzählt uns, dass die staatliche Telekommunikationsgesellschaft TVL hier in der Nähe einen Funkturm errichtet, und Fernsehen, Radio und Mobilfunk auf die Torres Inseln bringen wird. Wir stellen uns im Stillen die Frage, welche Auswirkungen das wohl auf die Dorfbewohner haben wird. Werden sie dann immer noch mit ihrem einfachen Leben zufrieden sein, wenn sie im Fernsehen den Reichtum und Luxus in anderen Teilen der Welt sehen? Welchen Einfluss wird die dargestellte Gewalt auf das Leben in den Dorfgemeinschaften haben?

Die Einwohner sind begeistert von unseren kleinen Gastgeschenken. Wir geben ein Paket Reis, eine Leine, Angelhaken, Gemüsesamen, ein paar Stifte und unsere letzten Münzen und erhalten Ananas, Gurken, Kokosnüsse und eine lebende Kokoskrabbe (Palmendieb) als Gegengeschenke. Simon und seine Familie lassen es sich nicht nehmen, uns quer über die Insel zurück zu begleiten und unsere Sachen zu tragen. Zum Abschied stehen sie am Ufer und winken uns noch lange nach.

 

Als wir schließlich unseren Anker lichten, unseren Kurs nach Nordost in Richtung der Solomon Inseln stecken und langsam die Torres Inseln hinter uns im Dunst verschwinden, ist uns etwas schwermütig ums Herz. Es ist, als verlassen wir liebe Freunde.

Weitere nautischen Informationen findet Ihr hier

 

Lutz und Gabriele Pestel

An Bord der SY SuAn

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